Jüdisches Zentrum

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St. Jakobs Platz: Links die Ohel Jakob Synagoge, in der Mitte das jüdische Museum, rechts das jüdische Gemeindezentrum

Am 9. November 2006 wurde das neue Jüdische Zentrum in München am St.-Jakobs-Platz mit der neuen Hauptsynagoge Ohel Jakob, dem Gemeindehaus und dem Jüdischen Museum feierlich eröffnet. Zuvor war das jüdische Zentrum behelfsweise in der Reichenbachstraße 27 untergebracht.

Das neue Baugelände, welches zuvor jahrelang ein brachliegendes Überbleibsel der Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges war, wurde 1999 der Gemeinde von der Stadt München als Bauplatz für ein jüdisches Zentrum angeboten und von ihr akzeptiert. Am 24. Juni 2004 wurde der erste Spatenstich vollzogen und zum 9. November erfolgte dort die Grundsteinlegung. Die Fertigstellung ist im Frühjahr 2007 erfolgt. Der Entwurf stammt von dem Saarbrücker Architekturbüro Wandel, Hoefer, Lorch.

Lage

Der St.-Jakobs-Platz liegt zurückgesetzt östlich von der Straße Oberanger, die über den Rindermarkt (als Fortführung dieser Straße) direkt vom Zentrum um den Marienplatz her führt, und nördlich der Corneliusstraße. Östlich von ihm liegt der Sebastiansplatz.

Am Nordrand des Platzes befinden sich das Stadtmuseum, am Westrand das Ignaz-Günther-Haus und südlich des Platzes die ihm namensgebende christliche Kirche.

Die Geschichte der Gemeinde in Stadt und Umland

(entsprechend der Homepage der IKG)

Historiker gehen davon aus, dass sich in München bereits kurz nach der Stadtgründung 1158 auch Juden ansiedelten.

1210 - Urkunden: Die erste persönliche Erwähnung eines Juden ist die des “Abraham der Municher”. Sie ist auf 1229 datiert.

Im 14. und 15. Jahrhundert wechselten sich wie im übrigen Deutschland Wachstum der jüdischen Gemeinschaft und Pogrome gegen sie ab. Pogrome und Vertreibungen sind in den Jahren 1285, 1345, 1349, 1413, 1442 und 1715 dokumentiert.

1442 Vertreibung jüdischen Lebens aus München und ganz Oberbayern.

1789: rechtliche Gleichstellung, die so genannte Judenemanzipation im Zeitalter der Aufklärung

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es erneute Ansiedelungen von Juden in der Stadt.

Von 1806 an, unter der Regentschaft des Wittelsbachers Max I. Joseph, änderte sich die Situation für die jüdische Gemeinschaft. Die Vorschriften, unter denen Juden im Königreich Bayern lebten, waren zwar restriktiv und rigide, sie schufen jedoch eine gewisse Rechtssicherheit, die ein geregeltes Leben möglich machte.

1815: Gründung der “Israelitischen Kultusgemeinde München”. Ein Jahr später erhielt die Gemeinde die Erlaubnis zur Anlage eines Friedhofs.

1824: Herzog Max genehmigte den Bau einer Synagoge im “Judengäßlein”. Bau einer Synagoge an der Westenriederstraße 7. Die Synagoge sollte aus Behördensicht die über das Stadtgebiet verstreuten privaten Beträume ablösen. Der Platz am Stadtrand verhinderte zugleich einen repräsentativen Kultbau in der Stadtmitte.

1872 – 1920, Jahre der Entwicklung

1861 lockerte der bayerische Landtag einige Restriktionen gegenüber Juden: sie konnten sich nun unbeschränkt niederlassen.

1871 / 1872 – mit der Gründung des Deutschen Reiches – erfolgte eine rechtliche Gleichstellung.

Auf Betreiben König Ludwigs II. wurde 1882 ein Grundstück gegenüber der Maxburg für den Neubau einer Hauptsynagoge in der Stadtmitte zur Verfügung gestellt. Es folgte der Bau der neuen Synagoge in der Herzog-Max-Straße am heutigen Lenbachplatz.

Dieser beeindruckende, nach Plänen von Albert Schmidt im Stil der Neoromanik konzipierte Langbau wurde am 16. September 1887 feierlich mit zahlreichen offiziellen Gästen eingeweiht. In unmittelbarer Nähe zur Frauenkirche im Zentrum Münchens gelegen, galt die neue Hauptsynagoge bis zu ihrer Zerstörung als einer der schönsten Synagogenbauten Europas und war gleichzeitig drittgrößte Synagoge Deutschlands. Eine Zeit voller Integration schien angebrochen zu sein.

Nach 1900: Aufgrund dortiger zahlreicher Pogrome setzte etwa zeitgleich eine starke Zuwanderungsbewegung aus dem östlichen Europa ein. Die Zahl der jüdischen Bevölkerung Münchens stieg nach der Jahrhundertwende deutlich an. Im Jahr 1910 gehörten von etwa 590.000 Einwohnern der Stadt 11.083 dem jüdischen Glauben an – also knapp zwei Prozent der Gesamtbevölkerung.

Sigmund Fraenkel (1860-1925) war Vorsitzender des Münchner orthodoxen Synagogenvereins.

1930 – 1945, Repression, Vertreibung, Morde

Doch bereits in den 1920er-Jahren begann das Leben für Juden schwieriger zu werden. Die Spannungen nahmen zu, es kam zu rücksichtslosen Ausweisungen polnischstämmiger Juden. Die Trupps der so genannten Sturmabteilung (SA) der NSDAPW organisierten Übergriffe gegen jüdische Geschäfte und Personen.

31. Januar 1933: Mit Hitlers Kanzlerschaft begannen massive, staatlich angeordnete Repressionen und Beraubungen der beruflichen Existenz, die später in den Nürnberger Rassegesetzen mündeten und der Vernichtung der Juden Europas in den Köpfen vieler Bürger den Weg bereiteten.

Um 1936: Zahlreiche jüdische Menschen verließen unter diesem Druck Bayern. 1936 hatte die jüdische Gemeinde noch 9.000 Mitglieder, zwei Jahre später war die Zahl bereits auf die Hälfte gesunken.

9. November 1938: Die Synagoge „Ohel Jakob“ an der Herzog-Max-Straße brannte aus, die Synagoge in der Reichenbachstraße wurde nur auf Grund der engen Nachbarschaft und dichten Bebauung des Gärtnerplatzviertels nicht niedergebrannt. Von diesem Zeitpunkt an fehlten im Adressbuch Münchens sämtliche Synagogen und Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde. Viele Geschäfte und Vermögenswerte wurden von den Verhafteten "freiwillig" an Parteimitglieder überschrieben (Vgl. Arisierung). Noch wusste man nicht, dass die gewaltsam ins Ausland Vertriebenen noch die Glücklicheren in dieser Katastrophe waren. Auf dem Papier hatten die Juden Münchens bereits damit aufgehört zu existieren.

1945, Zwischenstation, Neuanfang

Nach der Befreiung Deutschlands kehrte jüdisches Leben in die ehemalige “Hauptstadt der Bewegung” zurück. München wurde Auffangstation für so genannte “Displaced Persons”, Juden und Verfolgte des Nazi-Regimes, die auf der Suche nach Angehörigen waren und auf der Suche nach einer neuen Heimat.

Nur ein Bruchteil davon war aus Konzentrationslagern befreit worden, ein größerer Teil stammte aus den Sammellagern in Deutschland oder aus Osteuropa. Es gab Flüchtlinge aus allen Teilen Europas. München sollte nur eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Palästina, in die USA oder andere Länder sein. Auf diese Weise zählte die Jüdische Gemeinde Münchens im März 1946 rund 2.800 Mitglieder.

19. Juli 1945: die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern K.d.ö.R. (IKG, wie die christlichen Kirchen nun wieder eine Körperschaft) wurde im Schutz der Militärregierung neu gegründet.

Januar 1947: Gründung des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern (ab Juli Körperschaft des öffentlichen Rechts)

20. Mai 1947: Einweihung der wiederhergestellten Synagoge in der Reichenbachstraße 27.

Bis Ende der 1980er Jahre stieg die Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinde auf rund 4.000 Personen. Im Lauf von weiteren zehn Jahre verdoppelte sich die Zahl ihrer Mitglieder auf knapp 8.000.

9. November 2006: Einweihung der neuen Hauptsynagoge Ohel Jakob am St.-Jakobs-Platz 18. Kurz darauf gefolgt von dem angrenzende Gemeindehaus, einem Kulturzentrum und dem Jüdischen Museum der Stadt München.

Landesverband der Kultusgemeinden

Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern


Effnerstraße 68
81925 München
☎ : 089 989442
@ : info@IKGL.de


Vielfalt des jüdischen Lebens in München

Wer würde vom Leben der Katholiken in München sprechen oder schreiben? Dann schon eher von der Minderheit, die es einige Jahrhunderte lang in der Stadt gab: den Lutheranern, den Reformierten oder als Oberbegriffe den Evangelischen oder Protestanten. Aber seltsam klingt es in heutiger Zeit irgendwie doch. Dagegen klingt "Jüdisches Leben in München" als Themenbeschreibung für Aufsätze über die Besonderheiten von Lebensbedingungen Angehöriger dieser Religionsgemeinschaften schon fast alltäglich. Es vermeidet jedenfalls den Anklang an die Verfolgungsgeschichte zwischen 1933 und 1945.

"Die" Juden in München gab es nicht — eigentlich zu keinem Zeitpunkt ind den letzten Jahrhunderten. Die Lebenssituationen waren so unterschiedlich wie bei den Katholiken, den Bayern vom Lande in der Großstadt oder ähnliche Vergleiche. Aber für diese Menshen gab es noch aus dem Mittelalter heraus entwickelte besondere gesetzliche Regelungen zum Beispiel über Steuern, Niederlassungsrechte und Schulbesuch.

Auf einen ausführlichen Artikel bei Wikipedia kann hierzu verwiesen werden: Geschichte der Juden in MünchenW Er ist gegliedert in Abschnitte über

12. Jahrhundert: Beginn jüdischen Lebens in München
14. und 15. Jahrhundert: Wachstum, Pogrome, Vertreibung
18. Jahrhundert: Rückkehr jüdischen Lebens nach München
1806 bis 1871: Rechtssicherheit, Gründung der IKG, Friedhof und Synagogenbau
1872 bis 1900: Rechtliche Gleichstellung und zwei neue Synagogen
1900 bis 1919: Zuwanderung aus Osteuropa
Weimarer Republik
1933 bis 1945: Repressionen, Verfolgung, Vertreibung und Tod
1945 bis heute

Bücher:

  • Richard Bauer und Michael Brenner (Hrsg.): Jüdisches München. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C.H. Beck Verlag, München, 2006, 288 Seiten. ISBN 978-3-406-54979-3 (Das von Bauer und Brenner herausgegebene Buch ist die erste umfassende Darstellung zu diesem Thema.)
  • Jüdisches Leben in München. Lesebuch zur Geschichte des Münchner Alltags. Geschichtswettbewerb 1993/94. Hrsg. von der Landeshauptstadt München, Buchendorfer Verlag, München, 1995, 274 Seiten. ISBN: 978-3-927984-38-7

Jüdisches Museum

Teil des Jüdischen Zentrum ist das Jüdische Museum, es wurde 2007 eröffnet. Es ist der erste offizielle Erinnerungsort für jüdisches Leben in dieser vom Katholizismus geprägten Stadt. Mit seinen ungewöhnlichen Ausstellungskonzepten lockt es viele Besucher an. 70 Jahre nach der Zerstörung der alten Synagogen durch die Nationalsozialisten hat das religiöse Judentum wieder einen repräsentativen Ort im Kern der Stadt zurückerhalten. Wer das Museum betritt gelangt zunächst in das großzügige Foyer mit einem Andenken- und Buchladen und einer Café-Bar, bei der Sonne und schönes Wetter auch auf Plätzen im Freien genossen werden kann.

Neben der Dauerausstellung über jüdische Geschichte und Identität gibt es von der Peter H. Bach-Stiftung Erinnerungen an das einst größte Kaufhaus/Konfektionshaus Münchens.

Die Kabinettausstellung ebenfalls bis 23.05.10 heißt: Unbelichtet und zeigt drei "Münchner Fotografen im Exil“. Sie blieben in Deutschland zwangsläufig weitgehend unbekannt: Alfons Himmelreich, Efrem Ilani und Jakob Rosner verbindet, dass sie alle in den 1930er Jahren von München aus ins damalige Palästina auswanderten und mit ihren Arbeiten den Aufbau des Landes Israel dokumentierten.

Film

  • Birgit Rätsch: Angekommen im Herzen der Stadt. Die jüdische Gemeinde in München.

Siehe auch

Literatur

  • Beate Meyer: Tödliche Gratwanderung. Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zwischen Hoffnung, Zwang, Selbstbehauptung und Verstrickung (1939-1945). In der Reihe: Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden (für die Stiftung Institut für die Geschichte der deutschen Juden Hrsg. Stefanie Schüler-Springorum und Andreas Brämer); Bd. 38, 2011. 464 S., ISBN 978-3-8353-0933-3
  • Avraham Barkai: Wehr Dich! Der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V.) 1893-1938, München, 2002.
  • Otto Dov Kulka: The Reichsvereinigung and the Fate of the German Jews, 1938/1939-1943. Continuity or Discontinuity in German-Jewish History in the Third Reich, in: Arnold Paucker (Hg.): Die Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Tübingen, 1986, S. 353-363; ders.: Deutsches Judentum unter dem Nationalsozialismus, Bd. 1: Dokumente zur Geschichte der Reichsvertretung der deutschen Juden 1933-1939, Tübingen, 1997.
  • Esriel Hildesheimer: Jüdische Selbstverwaltung unter dem NS-Regime. Tübingen, 1994.
  • Andrea Sinn: "Und ich lebe wieder an der Isar". Exil und Rückkehr des Münchner Juden Hans Lamm (Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern 1), München, 2008.
  • Douglas Bokovoy, Stefan Meining (Hrsg.): Versagte Heimat. Jüdisches Leben in Münchens Isarvorstadt 1914-1945. München, 1994.
  • Andreas Heusler: Doppelte Diskriminierung. Rassismus und antisemitistische Gewalt gegen "Ostjuden" in München zwischen 1880 und 1930, in: Angela Koch (Hrsg.), Xenopolis. Von der Faszination und Ausgrenzung des Fremden in München. Begleitband zur Ausstellung "Xenopolis ... " in der Rathausgalerie München vom 27. April bis 12. Juni 2005
  • Hans Lamm: Von Juden in München. Ein Gedenkbuch. Ner-Tamid-Verlag, München, 1959, 406 Seiten.
  • Reiner Pommerin: Die Ausweisung von "Ostjuden" aus Bayern 1923. Ein Beitrag zum Krisenjahr der Weimarer Republik. :n: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 34 (1986), Seite 311-340.
  • Dirk Walter: Ungebetene Helfer - Denunziationen bei der Münchner Polizei anläßlich der Ostjuden-Ausweisungen 1919 bis 1923/24. In: Archiv für Polizeigeschichte 18 (1996), Seite 14-20.

Weblinks

Geschichte, Baugeschichte: