Heinrich Zisch

Aus München Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Heinrich Zisch (1869-1947)

zu ihm heißt es im HLB

Der im März 1899 gegründeten Fußballriege wurde schon nach kurzer Zeit "ein lebhaftes Aufblühen" (Turnerratssitzung des Vereins vom 25.04.1899, in: 50 Jahre Fußballabteilung 1860 München, 3) bescheinigt. Im Herbst 1903 trat die Abteilung dem Münchner Fußballbund bei und im Jahr 1905 dem Süddeutschen Fußball-Verband. Seit 1908 nutzte die Fußballabteilung eine umzäunte Wiese am Alpenplatz im Stadtteil Giesing als Spielstätte, 1911 wurde an der Grünwalder Straße eine Fläche zur Errichtung einer Stadionanlage erworben.

Die Mitgliederstruktur war bis zum Ersten Weltkrieg geprägt von Selbständigen, Gewerbetreibenden, Beamten und mittleren Angestellten. Den Vereinsvorsitz hatten magistratische Angestellte, höhere Beamte und Ärzte inne. Im Jahr 1905 übernahm der Wittelsbacher Prinz Rupprecht von Bayern (1869-1955), der spätere Kronprinz, das Protektorat über den Verein. Die unteren Einkommensschichten waren im Verein nur in geringem Umfang vertreten. Unter den 34 Vereinsjubilaren des Jahres 1908, welche für 25-jährige bzw. 15-jährige Mitgliedschaft geehrt wurden, befanden sich acht Kaufleute und sieben Handwerksmeister. Neun Geehrte waren der Gruppe der Fabrikanten, freien Berufe und Selbständigen zuzurechnen, vier Mitglieder zählten zur Gruppe der Bankbeamten, Buchhalter und Prokuristen und sechs Mitgliedsjubilare waren der höheren Beamtenschaft und den Universitätsprofessoren zugehörig.

Das Selbstverständnis des Vereins:
Der Verein verstand sich als bürgerlicher Musterverein. Die Grundstimmung war betont national und patriotisch. In der Zugehörigkeit zur Deutschen Turnerschaft sah man sich am "vaterländisch(en) Wirken" (Jahrbuch 1909, 1) beteiligt. Der Verein versuchte im Kleinen ein Spiegelbild des großen städtischen Gemeinwesens darzustellen. Stadtspitze und Magistrat würdigten dies durch Anwesenheit bei den sportlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen wie auch durch großzügiges Entgegenkommen beim Erwerb von Grundstücken für die Errichtung der Vereinsanlagen und durch finanzielle Unterstützung der Wettkampfreisen.

Neben der sportlichen Förderung konnte der Verein durch seine engen Verflechtungen in die städtische Verwaltung und zu Sportverbänden ein weitverzweigtes Netz an Kontakten nutzen. Erfolgreiche Sportler aus diesem Milieu, wie etwa die Leichtathleten Emil Ketterer (1883-1959) und Josef Waitzer (geb. 1884), verdankten ihren beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg nicht zuletzt der Förderung durch den Verein. Eine Nähe zu Inhalten und Idealen der Arbeitersportbewegung ist weder in den Führungsgremien des Vereins noch unter den Mitgliedern feststellbar. Auch unter den Anhängern des Vereins ist bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine Zuschreibung als "Arbeiterverein" nicht nachweisbar.

Die Situierung des Hauptspielplatzes des Vereins im Arbeiterviertel Giesing mag zu dem späteren Mythos vom "Arbeiterverein" allerdings einen Baustein geliefert haben. Diese Zuschreibung entstand wohl erst nach der Gründung der Fußball-Bundesliga im Jahr 1963, die zu einer verstärkten Rivalität mit dem (bald erfolgreicheren und finanzkräftigeren) FC Bayern führte, dem seit seiner Gründung der Ruf des "Schwabingertums" anhaftete.


Der Verein im und nach dem Ersten Weltkrieg
Schon bald nach Kriegsausbruch gingen führende Männer des Vereins daran, aus Vereinsmitgliedern und anderen Turnern ein "Turner-Landsturm-Regiment" zusammenzustellen, das zahlreiche Turner für den Wehrdienst vorbereitete und in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen bald 1.000 Mann stark war. So dürften sich auch viele Vereinsmitglieder unter den aus rund 1.600 Mann gebildeten vier Kompanien Landsturm-Turnerriegen befunden haben, die am 13. Dezember 1914 in München König Ludwig III. (reg. 1913-1918) vor dem Wittelsbacher Palais eine Huldigung darbrachten. Bis Kriegsende waren 1.150 Vereinsmitglieder eingezogen worden, 137 davon kamen im Ersten Weltkrieg ums Leben.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nahm am 20. Mai 1919 der Turn- und Sportverein München von 1860 in allen Abteilungen den Betrieb wieder auf. Die Sport- und Trainingsanlagen an der Auenstraße wurden erweitert; auch der Platz an der Grünwalder Straße wurde seit 1919 mit Hilfe städtischer Kredite zu einem modernen Stadion (Fassungsvermögen: 40.000 Zuschauer) ausgebaut und am 10. Oktober 1926 offiziell eröffnet.

Die Mitgliederzahlen erreichten schon bald wieder das Vorkriegsniveau, stiegen bis Ende der 1920er Jahre kontinuierlich an, brachen aber nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ein (1919: 2.696 Mitglieder, 1921: 3.782, 1931: 3.682, 1932: 2.898). Neue Abteilungen wurden gegründet, für Turnspiele (1919), Motorsport (1920), Faltbootfahrer (1921) und Handballspieler (1927).


Sportliche Entwicklung der Fußballabteilung zwischen 1919 und 1933
Die Fußballmannschaft etablierte sich zu Beginn der 1920er Jahre neben dem FC Bayern und dem FC Wacker München als dritte Größe in der Stadt und stieß in die deutsche Spitze vor. In den Jahren 1927 und 1933 erreichte sie das Halbfinale zur Deutschen Meisterschaft; 1931 verlor sie im Finale gegen Hertha BSC Berlin (2:3).

Die "reinliche Scheidung"

Der Streit zwischen der Deutschen Turnerschaft (DT) und den unabhängigen Fachverbänden für Fußball, Leichtathletik und Schwimmen um die wechselseitige Mitgliedschaft in den jeweiligen Verbänden gipfelte im Jahr 1923 in der Forderung der DT an die Vereine, die "reinliche Scheidung" durchzuführen. Das bedeutete, entweder die Sportler aus dem Verein auszuschließen oder sich für einen Übertritt in einen der Fachverbände zu entscheiden. Der TSV München von 1860 gliederte 1924 die Fußball- und Leichtathletikabteilung durch Gründung eines "Sportvereins München von 1860" (SpV München 1860) aus dem Verein aus, benannte den Hauptverein wieder in "Turnverein München von 1860" (TV München 1860) um, fasste beide Vereine unter dem Dach eines gemeinsamen Verwaltungsrates zusammen und konnte so den Zusammenhalt des Vereins wahren.

Die Auswirkungen der durch den New Yorker Börsenkrach vom Oktober 1929 ausgelösten Weltwirtschaftskrise trafen den finanziell angeschlagenen Verein hart. Zu den sinkenden Wettspieleinnahmen kamen rückläufige Beitragseingänge, die nicht nur aus dem Mitgliederschwund, sondern auch aus der hohen Arbeitslosigkeit der Mitglieder resultierten. Im Sommer 1931 waren 40 % der Mitglieder arbeitslos. Seit 1932 konnte der Turnverein die aus dem Stadionbau herrührenden Zins- und Tilgungsbeiträge an die Städtische Spar- und Girokasse nicht mehr bezahlen.

Schon bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Februar/März 1933 konnte eine starke völkische Gruppierung im Verein Führungspositionen übernehmen. Heinrich Zisch (1869-1947), der langjährige Vorsitzende von Turnverein (seit 1924) und Sportverein (seit 1929), war bereits im zweiten Halbjahr 1932 von seinen Funktionen zurückgetreten. Den Vorsitz im Turnverein übernahm im März 1933 der deutsch-national gesinnte Wilhelm Hacker. Am 26. September 1933 wurde in einer Hauptversammlung des Turnvereins die Umsetzung des Führerprinzips beschlossen. Wenige Monate später löste sich der Sportverein auf und schloss sich mit sämtlichen Abteilungen dem Turnverein an, so dass am 6. März 1934 der "Turn- und Sportverein München von 1860" wieder neu errichtet werden konnte. Zum neuen Vereinsführer wurde am 26. April 1934 SA-Sturmbannführer Fritz Ebenböck (1901-1982) gewählt.

Siehe auch

www