Kunst und Memoria
Das Buch Kunst und Memoria — Der Alte Südliche Friedhof in München von Claudia Denk und John Ziesemer ist 2014 neu erschienen.
Titel
- Claudia Denk, John Ziesemer: Kunst und Memoria — Der Alte Südliche Friedhof in München. Deutscher Kunstverlag, Berlin/München, 2014, 544 Seiten, 615 meist farbige Abbildungen, ISBN 978-3-422-07227-5
Über das Buch
- (Verlags- und Autorangaben)
Das Buch ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts am Bayerischen Nationalmuseum in Verbindung mit dem Stadtarchiv München und wurde durch die Edith-Haberland-Wagner-Stiftung gefördert.
Der Alte Südliche Friedhof in München zählte in seiner Zeit zu den wichtigsten Zentralfriedhöfen Europas. Hier gingen im 19. Jahrhundert Kunst und Totengedächtnis eine einmalige Symbiose ein. Viele der bedeutendsten Künstler dieser Zeit wie die Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze, die Bildhauer Ludwig von Schwanthaler und Adolf von Hildebrand sowie die Erzgießer Johann Baptist Stiglmaier und Ferdinand von Miller d.Ä. sind oder waren mit Werken auf ihm präsent.
Eine Sonderstellung ergibt sich vor allem daraus, dass sowohl seine Architektur als auch viele herausragende (Künstler-)Grabmäler von den hohen Ansprüchen König Ludwigs I. geprägt wurden (wie ein Gedächtnisprojekts des Königs).
Die Autoren legen die erste umfassende Darstellung dieses Friedhofs vor. Anhand umfangreichen Bild- und Quellenmaterials sowie zahlreicher Künstlerzuschreibungen gelingt es, die im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Anlage visuell zu rekonstruieren. Mit Hilfe unterschiedlicher Blickwinkel werden die Grabmäler wieder in die ästhetischen Debatten ihrer Zeit gestellt.
Inhalt
- Diverse Vorworte (Ferdinand Schmid, Max Bayern, Renate Eikelmann, Michael Stephan)
- Eine kurze Anthologie
- Zeitgenössische Blicke auf den Friedhof
- Aus der Sicht der »Anderen«
- des Fremden in München 1807
- der englischen Kunststudentin und Literatin Anna Mary Howitt 1850
- Aus der Sicht der Münchner…
- im Kunst- und Gewerb-Blatt des Polytechnischen Vereins1818
- des Stadtchronisten Ulrich von Destouches 1836
- des Sekretärs der Akademie der Bildenden Künste Rudolph Marggraff 1846
- des Münchner Bankierssohns, »Scharfrichters« und Mitarbeiters des Simplicissimus Josef Ruederer um 1900
- Einführung:
- Der Stellenwert des Friedhofs aus deutscher und europäischer Perspektive
- Die Kriegszerstörungen und ihre Folgen - vom Wiederaufbau zum Denkmal
- Zum Forschungsprojekt
- Forschungsstand
- Methodischer Ansatz und Aufbau des Buchs
- Auswahlkriterien des Katalogs
- Quellen
- Datierungs- und Zuschreibungsfragen
- Zur Geschichte des Friedhofs
- Die Anfänge als Entlastungsfriedhof vor den Toren der Stadt
- Das innerstädtische Bestattungsverbot von 1788 und die Einrichtung eines »allgemeinen Gottesackers«
- Von der kirchlichen in die staatliche Verwaltung
- Erste finanzielle Konflikte zwischen Staat und Stadt
- Der neue Zentralfriedhof zwischen staatlicher Initiative und städtischer Verwaltung - die erste große Erweiterung ab 1817
- Von der staatlichen in die städtische Verwaltung - die Leichenbeerdigungsanstalt
- Der Friedhof als königliche Bauaufgabe
- Reaktionen in der Bevölkerung auf »Umzug« und Neuplanungen
- Die Erbauung des Campo Santo Ludwigs I.
- Die Cholera-Epidemie von 1836 und erste Planungen - Verlegung oder Erweiterung?
- Kräftemessen zwischen Stadt und König - wer übernimmt die Kosten?
- Vom Status des altehrwürdigen Beisetzungsorts zur allmählichen Auflassung
- Rechtliche und finanzielle Grundlagen der Grabmalsetzung
- Grabstellenerwerb und Gebührenstaffelung
- Familiengräber und Deszendentenregelung
- Auftrags- und Genehmigungsverfahren für die Errichtung der Grabmäler
- Die Würdigung des Friedhofs in der frühen Literatur
- Der Friedhof als Planungsaufgabe im Klassizismus
- Gustav Vorherrs Friedhofsentwurf als Bestandteil des Stadtentwicklungskonzepts unter Max I.Joseph
- Ludwig I., Friedrich von Gärtner und die Idee eines italienischen Campo Santo für München
- Vorbilder
- Gärtners Umgang mit dem älteren Baubestand
- Ergänzungsplanungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts
- Die Planungen Vorherrs und Gärtners - »Vorbild für alle deutschen Gemeinden«?
- Leitlinien beim Wiederaufbau unter Hans Döllgast
- Denkmal oder Grabmal? Die Grabmäler aus der Perspektive ihrer Funktionen
- Das Grabmal als Denkmal
- Das Bildnis als »das schönste Denkmal«
- »Porträt-Statuen auf die Gräber!«
- Ein Denkmal als Grabmal - der »Weihbrunnkessel« für die Oberländer Bauern
- Zur Planung des Denkmals - Ort, Form, Stil und Material 1822-1831
- Ludwigs »Weihbrunn« als Staatseigentum und vaterländisches Denkmal
- Das Grabmal als Kunstwerk
- Der »schöne Tod« in München - Westenrieder, Mannlich und Franz Jakob Schwanthaler
- Bertel Thorvaldsen und die Münchner Sepulkralkunst
- »Sie schläft nur...«- das Doppelgrabmal für Johann Christian und Caroline von Mannlich
- Die Ruhmeshalle als »würdiger Tempel dankbaren Andenkens und bleibenden Nachruhmes«
- Die Ehrenbüsten und Münchens neuer Ruf als Kunst- und Wissenschaftsstadt
- Königlich, städtisch, bürgerlich?
- Die Alten Arkaden aus residenz- und hauptstädtischer Perspektive
- Ein »edler« Bestattungsplatz für die »ersten Familien des Staates«
- Wirtschaftsbürgerliche Nobilitierung und sepulkraler Aristokratismus
- Die Alten Arkaden aus stadtgemeindlicher Perspektive - die städtischen Ehrengrabmäler
:Fraunhofers Ehrengrabmal und das »Dreigestirn« des weltberühmten Optischen Instituts
- Das Ehrengrabmal des »vaterländischen Geschichtsschreibers« Lorenz Westenrieder
- Die Bürgermeistergrabmäler von Mittermayr bis Widenmayer als Gemeindedenkmäler
- Städtische Ehrengrabmäler für die verdienten Bürgermeister Mittermayr und Teng
- Zwei Präzedenzfälle und ihre Folgen - die Bürgermeistergrabmäler von Bauer, Steinsdorf und Widenmayer unter den Neuen Arkaden
- Der Campo Santo Ludwig I. als königliches Gedächtnisprojekt und ernstes Museum monumentaler Kunst
- Die Neuen Arkaden ein neues Pantheon? - die Grabmäler von Gärtner, Schwanthaler und Klenze
- Herrscher- und Künstlermemoria in einem - Ludwigs Ehrengräber für Gärtner und Schwanthaler
- Gärtner und Klenze - ein Architektenwettstreit post mortem
- Die Künstlergrabmäler zwischen Gruppenidentität und individuellem Ruhmesanspruch
- Vom königlichen Gedächtnisprojekt zum Ort wirtschaftsbürgerlicher Repräsentation
- Ein Wettstreit mit anderen Mitteln - die opulenten Grabmäler der Bierbarone Pschorr und Sedlmayr
- Ein Resümee- Josef Ruederers »Grab des Herrn Schefbeck«
- Das Grabmal zwischen Vorlagenwerk und Künstlerentwurf
- Münchner Vorlagenwerke »zur allgemeinen Geschmacks=Veredelung«
- Der individualisierte Künstlerentwurf im Klassizismus
- Entwürfe von Klenze und Gärtner
- Entwürfe von Ludwig von Schwanthaler und Eduard Metzger
- Gebaute Privilegien - Grabkapellen von Ohlmüller, Metivier und Zenetti
- Die Wiederentdeckung des »christlichen« Grabmals
- Künstlerentwürfe der Neugotik - Entres, Sickinger und Foltz
- Wandgemälde der Spätnazarener-Schraudolph und Seibertz
- Weiß oder farbig? - Monochromie und Polychromie im Klassizismus
- Neugriechische Helden - (alt-)griechische Grabmäler
- Elias Mauromichalis - ein griechischer Freiheitskämpfer
- Leonidas auf dem Münchner Gottesacker
- Der Philhellene, Politiker und Künstler Carl von Heideck
- Die Griechengrabmäler unter dem Mikroskop - Rot und Blau, Zinnober und Cobalt
- Farbiges Mittelalter - farbige neugotische Grabmäler
- Flüchtige Farbe
- Die Ästhetik der Grabsteine, Gesteinsmoden und Gesteinspolychromie
- (Grab-)Gesteine zwischen Tradition und Innovation
- Zwei Fallbeispiele - Gesteine und ihre Semantisierung im Rahmen familienpolitischer Grabmalstrategien
- Roter Knollenkalk und Tegernseer Kalkstein - Gesteine in retrospektiver Verwendung
- Blütenweißer Marmor - christliche Unbeflecktheit
- Hart und bunt - neue Gesteine im Dienst einer dauerhaften Memoria
- Erz versus Stein: Bronze als erfolgreiches Memorialmedium
- Die Gusseisenmode des frühen 19. Jahrhunderts
- Klassizistische Stelen und Sarkophage
- Zurück zum Schmiedeeisen
- Die Sepulkralkunst als wichtiger Produktionszweig der Königlichen Erzgießerei
- Johann Baptist Stiglmaier und die bronzene Grabplastik
- Ferdinand von Miller d.Ä. und die Porträtbüste in Bronze und Zink
- Eine gusstechnische Meisterleistung - der monumentale Kruzifixus des Campo Santo
- Die Fortentwicklung der Königlichen Erzgießerei unter der jüngeren Generation
- Der Verlust ihrer Monopolstellung auf dem Friedhof
- Die serielle Produktion von Grabfiguren
Ein Katalog von 186 ausgewählten Grabmalen, diese 300 Seiten stellen den Hauptteil des Buches dar (nach Lagen auf dem Feld).
Rezensionen
- Marcus Köhler: Rezension in H-ArtHist, 28.10.2014 (bei arthist.net/reviews/8773)
- Rainer Knauf (für edoc.hu-berlin.de)
- Barbara Leisner beim Blog friedhofsfreunde