Umgang mit belasteten Münchner Straßennamen
Es gibt auch in München Straßennamen, die eigentlich einer Erklärung bedürfen oder ganz aus der ja auch eine Ehrung darstellende Liste der Straßennamen entfernt werden sollten, weil sie aus heutiger Sicht nach Personen, Orten oder Ereignissen zweifelhafter oder gar verbrecherischer Herkunft benannt sind.
Eine Expertenkommission unter der Regie des Stadtarchivs soll Vorschläge für den Umgang mit belasteten Münchner Straßennamen erarbeiten. Eine Überprüfung der mehr als 6000 Münchner Straßennamen hatte ergeben, dass Antisemiten, Rassisten und Nationalsozialisten in Dutzenden von Fällen die Namensgeber sind. Etwa 330 Straßen sind betroffen. Und bei etwa 40 Straßennamen sieht das Stadtarchiv einen noch deutlich erhöhten Diskussionsbedarf. Als Lösungsansätze stehen erklärende Informationstafeln zur Diskussion, die neben diesen Schildern aufgestellt werden sollen, aber auch die Frage nach einer möglichen Namensänderung. Dazu gehört sicher die Hilblestraße, die nach dem Leiter des städtischen Wohlfahrtsamtes in der NS-Zeit benannt ist. Er war an der Deportation vieler jüdischen MünchnerInnen direkt beteiligt.
Zu den umstritten Straßennamen gehören auch die Meiserstraße, der Leonhard-Moll-Bogen, die Swakopmunder Straße, Taku-Fort-Straße, Von-Gravenreuth-Straße, Dominikstraße, Joergstraße, Bennigsenstraße oder Lüderitzstraße wie der Domagkpark, Kißkaltplatz und andere. Damit geht auch die Debatte um Adressen mit kolonialer Vergangenheit weiter (deutscher Kolonialismus).
Seit 2010 laufen auf Anregung durch den Stadtrat hierzu Studien, u. a. an der Ludwig-Maximilians-Universität.
- 2020, Zitat: „Vorschläge für den Umgang mit den 40 Straßennamen, bei denen aus Sicht des Stadtarchivs erhöhter Diskussionsbedarf besteht, sollen durch ein Expertengremium erarbeitet werden. Nur für diese Straßen könnte eine Umbenennung überhaupt diskutiert werden. Hier handelt es sich vor allem um Straßennamen, deren Namensgeber durch explizite Äußerungen und Handlungen insbesondere im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime als belastet gelten müssen. Der Ältestenrat des Stadtrats wurde Ende 2019 über diese Zwischenergebnisse des Projekts „Historisch belastete Straßennamen untersuchen und einen Vorschlag für den Umgang damit erarbeiten“ informiert und hat die Einrichtung eines Expertengremiums zur weiteren Bearbeitung der Straßennamen mit erhöhtem Diskussionsbedarf beschlossen. In dem Expertengremium sind Mitglieder der Stadtratsfraktionen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fachdienststellen der Stadt München vertreten. Das Expertengremium hat sich am 10. Dezember 2019 zu einer ersten konstituierenden Sitzung getroffen und den weiteren Arbeitsgang besprochen. Die beiden Listen, die den Charakter von fachwissenschaftlichen Vorprüfungen haben, wurden dem Expertengremium als Arbeitsgrundlage vertraulich zur Verfügung gestellt. Bislang wurden von dem Expertengremium, das sich im Februar 2020 zu seiner zweiten Sitzung trifft, keine Empfehlungen ausgesprochen.“
Weblinks
- 370 Straßennamen, die einer Klärung bedürfen - Zusammenfassung eines Berichts in der Süddt. Zeitung vom 10. November 2019
- Zeichen gegen Rechts setzen, Hilblestraße umbenennen! Empfehlung Nr. 14-20 / E 01887 der Bürgerversammlung des Stadtbezirkes 09 Neuhausen-Nymphenburg am 5. Dez. 2017, Sitzungsvorlage Nr. 14-20 / V 11169
- Zur Hilblestraße - Kurzübersicht zum Beschluss des Kommunalausschusses vom 12.04.2018
- Umfassende Vorlage für den Stadtrat, inkl. SPD-Antrag (vom 8. Juni 2016; imRIS; es geht darin um die Beispiele der Namensgebung bzw. Umbenennung der Alois-Wunder- und der Hilblestraße, des Georg-Freundorfer- und des Kißkaltplatzes)
- Straßennamen in München: Zweifelhafte Ehrungen für zweifelhafte Menschen. In der SZ vom 24. November 2020 (Artikel von Andrea Schlaier)
- Ein Nazi der ersten StundeÜber den Kißkaltplatz der SZ vom 23. April 2021: .