Chronik des Konzentrationslagers Dachau

Aus München Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Chronik wichtiger Ereignisse und Daten zum SS-Konzentrationslager Dachau


Das Konzentrationslager Dachau (Hauptartikel) wurde rund 20 Kilometer nordwestlich von München als Spezialgefängnis der NSDAP für alle Personen aus der Stadt errichtet, die vom NS-Regime besonders unterdrückt werden sollten. Es bestand vom 22. März 1933 bis zur Befreiung der überlebenden Häftlinge durch US-amerikanische Truppen am 29. April 1945, also insgesamt 12 Jahre und 36 Tage.

1933

  • 28. 2.: Die Verordnung des Reichspräsidenten Hindenburg zum Schutz von Volk und StaatW (die so genannte „Reichstagsbrandverordnung“) bildet die scheinbare „Rechtsgrundlage“ für Konzentrationslager und Schutzhaft, die das Grundrecht der persönlichen Freiheit für alle Beschuldigten außer Kraft setzte.
  • 9. 3.: Machtübernahme der Nationalsozialisten in Bayern unter Franz Xaver Ritter von EppW als Reichskommissar (das bedeutet ein Bevöllmächtigter der Reichsregierung an Stelle einer Landesregierung).
  • 10.3: Erste Verhaftungen - Begonnen hat der Terror der Verhaftungen ohne jegliche Rechtsgrundlage in Bayern bereits knapp zwei Wochen zuvor. Am 9. März setzen die Nationalsozialisten die bayerische Regierung unter Ministerpräsident Held ab und übertragen die politische Macht im Land an den NSDAP-Mann Franz von Epp. Die Jagd auf politisch missliebige politische Gegner, allen voran die Kommunisten, beginnt noch am selben Tag. Sie werden verhaftet und großteils ins Zuchthaus Landsberg am Lech verschleppt.
  • 20. 3.: Himmler kündigt in einer Pressekonferenz die Eröffnung des ersten KonzentrationslagersW für den 22. 3. an
  • Vorgeschichte: 1916 wird in den Gemeinden Prittlbach und Ebenhausen, eine Pulver- und Munitionsfabrik angesiedelt. Damit zog erstmals Industrie in die Dachauer Gegend. Mit dem Niedergang dieser Fabrik wurde aus dem Markt in den 20er Jahren die "notleidendste Stadt Bayerns" mit der höchsten Arbeitslosenrate im Reich (1926). Das erschlossene und hermetisch abgesperrte Fabrikgelände gehörte dem Staat. Der Dachauer Gemeinderat wurde über die Ortswahl durch die Münchner SS/Polizei nicht informiert.

Der Auf- und Ausbau des Lagers erfolgte weitgehend unabhängig von Planungen der Gemeinde. Es gehörte bis 1939 offiziell nicht zum Dachauer Gemeindegebiet.

  • 22. März: Die ersten Häftlinge aus den Münchner Gefängnissen Neudeck und Stadelheim und aus der Strafanstalt Landsberg am Lech treffen am Mittag unter den Augen Schaulustiger im KZ Dachau ein. (vgl. den Link zum Südd.Ztg.Bericht von Walter Gierlich v. 22. März 2013. Er zitiert die Pressemitteilung Heinrich Himmlers unter der Überschrift "Ein Konzentrationslager für politische Gefangene" abgedruckt nicht nur im NSDAP-Blatt Völkischer Beobachter, sondern auch in den Münchner Neuesten Nachrichten am Dienstag, 21. März 1933.) Im ersten Transport wird auch der Münchner Rechtsreferendar Claus Bastian nach Dachau gebracht, der die Häftlingsnummer eins erhält. Mehr als 200.000 Gefangene werden nach ihm dorthin gebracht. Zunächst wachen Polizeieinheiten, die bald von SS-Trupps abgelöst werden.
  • 12. April: Drei Morde an den Häftlingen Rudolf BenarioW und Ernst Goldmann aus Fürth und Arthur Kahn aus Nürnberg, werden bekannt, angezeigt und dazu eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung eröffnet. (Rudolf Benario, dazu Im Laufe des Jahres 1933 werden weitere Häftlinge in Dachau ermordet. "Auf der Flucht erschossen", "Selbstmord" ist die stereotype Angabe der SS über den Tod. (An Ort und Stelle stellen Oberstaatsanwalt Carl Wintersberger, sein engster Mitarbeiter, der 1. Staatsanwalt Josef Hartinger, und der Landgerichtsarzt Dr. Flamm Untersuchungen an und vernehmen verdächtige SS-Posten. Hartinger erhebt am 1. Juni 1933 Klage gegen den Lagerkommandanten Hilmar Wäckerle "wegen Verbrechens der Körperverletzung mit Todesfolge". Sein mutiger Einsatz bewirkt, daß sich das bayerische Kabinett unter Ministerpräsident Siebert mit den Mordfällen in Dachau beschäftigen und Himmler den Kommandanten Wäckerle fallen lassen muß! Der Nachfolger Theodor Eicke übernimmt die Lagerleitung.)
  • 26. April: neue Bestimmung „Schutzhaft“ : ohne gerichtliche Anordnung und auf unbestimmte Zeit kann die Gestapo Verhaftungen anordnen / durchführen und die Opfer in einem Konzentrationslager (hier vor allem Dachau; kurz KZ) festsetzen; dies wurde beschönigend Schutzhaftlager genannt.
  • 30. Mai: Offizielle Übergabe des Wachdienstes von der Polizei nur an die SS.
  • Juni: SS-Oberführer T. EickeW wird Konzentrationslagerkommandant.
  • 9. Dez.: 400 Häftlinge werden im Zuge der „Weihnachtsamnestie“ entlassen.
  • die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft wegen der Häftlingsmorde/-erschießungen wurden nach wenigen Monaten eingestellt.

1934

  • März: Amnestie zum Jahrestag der nationalsozialistischen Machtübernahme in Bayern.
  • 30. 6.: Nach der Entmachtung der SA (so gen. „Röhmputsch“) Exekutionen. Unter den 17 Opfern: Dr. Fritz Gerlich, der Herausgeber der oppositionellen Zeitung „Der gerade Weg“, Dr. Bernhard Rudolf Stempfle, Schriftleiter des „Miesbacher Anzeiger“, Gustav Ritter von Kahr
  • 7. 7.: Eicke wird "Inspekteur der Konzentrationslager und SS-Wachverbände"
  • 10. 12.: SS-Oberführer Heinrich Deubel wird Kommandant.

1935

Immer neue Häftlingsgruppen werden im KZ Dachau willkürlich eingesperrt und massiv mißhandelt.

1936

  • 1. 4.: SS-Oberführer Hans Loritz wird Kommandant.
  • 3. 12.: Der „Illustrierte Beobachter“ bringt einen Propagandabericht über das Lager Dachau.

1937

  • Beginn des Baus eines neuen Lagers mit einer Plan-Kapazität von 6000 Häftlingen. 1937/38 mussten die Gefangenen das erste Lager abbrechen und einen wesentlich größeren Lagerkomplex aufbauen. Zu den Neubauten gehörten neben den 34 Baracken/Blocks das Jourhaus, das Wirtschaftsgebäude, das Lagergefängnis (Bunker) und die Umzäunung mit Wachtürmen.

1938

  • 1. 4.: 150 Österreicher werden aus Wien ins KZ Dachau deportiert. Im Laufe des Jahres folgen mehr als 7.650 Österreicher. Der erste Transport traf bereits drei Wochen nach dem "Anschluss" des Landes am 2. April 1938 in Dachau ein: Die Häftlinge waren mehrheitlich Repräsentanten des nationalistischen "Ständestaats" (politische Funktionäre, Polizei- und Justizfunktionäre) und Juden, aber auch Sozialisten und Kommunisten.
  • 9./10. Nov.: nach dem SS-Pogrom („Reichskristallnacht“) werden 10.911 Deutsche und Österreicher als Juden im KZ Dachau inhaftiert.
  • Weihnachten: Öffentliche Auspeitschung mehrer Häftlinge auf dem Appellplatz neben einem Weihnachtsbaum.

1939

  • 13. 3. und 20. 4. Amnestien
  • Die Gemeinden Prittlbach und Ebenhausen, und damit auch das KZ-Gelände, wurden nach Dachau eingemeindet.
  • 27. 9. 1939–18. 2. 1940: Verlegung fast aller Häftlinge in andere Konzentrationslager, um in Dachau SS-Totenkopfverbände („Waffen-SS“, SS-Division Eicke) als Kampftruppe auszubilden
    • 2138 Häftlinge kommen ins Konzentrationslager Buchenwald,
    • 1600 Häftlinge ins Konzentrationslager Mauthausen
    • und 981 Gefangene ins Konzentrationslager Flossenbürg.
  • Ein Arbeitskommando mit ca. 100 Häftlingen bleibt im KZ Dachau.

1940

  • 19. 2.: Alex Piorkowski wird Kommandant.
  • April/Mai: Ankunft von ersten Transporten mit polnischen Häftlingen.

—> weitere Lücken <—

  • Sommer: Bau eines Krematoriums, später auch Altes Krematorium genannt. Bereits im darauffolgenden Jahr reichte seine Kapazität nicht mehr aus. Das Krematorium war bis etwa April 1943 in Betrieb. In diesem Zeitraum wurden hier rund 11.000 Häftlingskörper eingeäschert. (Dieser Bereich lag außerhalb des Häftlingslagers und war von dort nur über das SS-Lager zu erreichen.)

1941

  • Ein Menschenversuchs-Station wird im Krankenrevier von Dr. von Weyherns eingerichtet, 114 Versuchspersonen sind registriert.
  • Mai: Lagerinternes Standesamt
  • ab Okt.: Erschießungen sowjetischer Kriegsgefangener

1942

  • Die Arbeitskräfte der Konzentrationslagerhäftlinge werden verstärkt für Rüstungsaufgaben mobilisiert. Bis 1945 entstehen 169 Außenlager und Unterkommandos, die dem Konzentrationslager Dachau organisatorisch unterstehen.
  • Bau des 2. Krematoriums („Baracke X“)
  • 2. 1.: Erster „Invalidentransport“ vom KZ Dachau zum Schloß Hartheim
  • Es folgen 32 Transporte bis Dez. 1942
  • 22. 2.: Unterdruckversuche des SS-Hauptsturmführers Dr. Rascher und Dr. Rombergs. Bis Mai sterben daran 70–80 Häftlinge.
  • 23. 2.: Dr. Claus Schilling, Experimente mit Malaria. 1100 Häftlinge werden infiziert. Es gibt 10 nachweisliche Todesopfer.
  • Juni: Phlegmoneversuche, 17 Todesopfer.
  • 1. 9.: Martin Weiß wird Kommandant.
  • 15. 8.: Unterkühlungsversuche unter der Leitung der Ärzte Holzlöhner, Finke und Rascher.
  • Nov./Dez.: Ausbruch einer Bauch- und Flecktyphusepidemie.

1943

  • Mai 1942 bis April 1943: ein zweites, größeres Krematorium und eine Gaskammer wurden gebaut. Diese wurde allerdings nicht zur Massentötung benutzt. Überlebende haben jedoch bezeugt, dass die SS dort einzelne Häftlinge und kleinere Gruppen durch Giftgas ermordeten. Dieser Krematoriumsbereich wurde auch Großes Krematorium, "Baracke X" genannt.
  • Im Krematoriumsbereich fanden aber Hinrichtungen und Mordaktionen statt. Hier Galgen.
  • 31. 1.: Vom Lagerarzt wird eine Quarantäne für das gesamte Lager wegen der Typhusepidemie bis zum 15. 3. angeordnet.

1. 10.: Eduard Weiter wird Kommandant.

1944

  • 22. 2.: Im Hof des Krematoriums werden 31 sowjetische Offiziere erschossen.
  • 6. 7.: Ankunft eines Transports aus Frankreich, der so genannte Todestransport aus dem Lager CompiègneW, von 2.521 Häftlingen sind bereits bei der Ankunft 984 wegen der schlechten Versorgung durch die SS gestorben.
  • Sommer: Versuche über den Gebrauch von Meerwasser als Trinkwasser, Dr. Beiglböck, an 44 Versuchspersonen.
  • Am 9. August treffen weniger als 2.000 Überlebende des Marsches aus dem KZ Warschau nach Kutno ein, der am 28. Juli mit 3600 griechischen und ungarischen Häftlingen auf die 130 Kilometer Weg gestartet war. Davor wurden 200 nicht marschfähige Häftlinge erschossen. Von dort ging es in einem Güterzug weiter. Selbst Wasser trinken, wurde ihnen immer wieder verwehrt.
  • 4. / 6. Sept.: 92 sowjetische Offiziere werden im Hof des Krematoriums erschossen.
  • 11. November: die 13. SS-Eisenbahn-Baubrigade wurde mit KZ-Häftlingen insbesondere zur Räumung nach Luftangriffen neu aufgestellt (Bomben-Entschärfung)
  • Nov.: Ausbruch einer neuen Typhusepidemie.

1945

  • Ende März: Mehrere hundert deutsche Geistliche werden entlassen. Warum 170 weitere bleiben müssen, ist nicht bekannt.

—> weitere Lücken <— (insbesondere zu den Todesmärschen und dem so genannten Dachauer Aufstand)


  • Georg Elser ermordet
  • 29. 4.: Amerikanischen Streitkräfte befreien das Konzentrationslager Dachau mit 32.335 verbliebenen Häftlingen.
  • An den Folgen der Unterernährung und der Thyphusepidemie sterben noch in den nächsten Wochen mehr als 2000 ehemalige Häftlinge.

Nachkriegszeit

  • 15. November bis 13. Dezember 1945: Der später so genannte Dachau-Hauptprozess war der erste Kriegsverbrecherprozess der United States Army in der amerikanischen Besatzungszone am Militärgericht im nunmehrigen US-Internierungslager Dachau für die der Kriegsverbrechen Verdächtigten. In diesem Prozess waren 40 Personen angeklagt, denen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem KZ Dachau und dessen Nebenlagern zur Last gelegt wurden. Das Verfahren endete mit 40 Schuldsprüchen, darunter 36 Todesurteile, von denen 28 vollstreckt wurden. Offiziell wurde der Fall als United States of America vs. Martin Gottfried Weiss et al – Case 000-50-2 bezeichnet.
    • Dem Prozess schlossen sich 121 Nebenverfahren mit etwa 500 Angeklagten an, die sich auf den Hauptprozess als Musterprozess (Parent Case) stützten. Der Dachau-Hauptprozess war ein juristisch wegweisender Konzentrationslagerprozess im Rahmen der anderen Dachauer Prozesse.
    • Bis 1948 folgten noch weitere Haupt- und Nebenprozesse gegen das Lagerpersonal anderer Konzentrationslager WP-Artikel dazu

2003

Seit 2003 trägt die Stiftung Bayerische Gedenkstätten die Verantwortung für die KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg und andere kleine Gedenkorte. Zuvor war der Freistaat selbst bzw. die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen für diese Gedenkorte in Bayern zuständig.

2014

  • Schändung der Gedenkstätte: die Eingangstür zur KZ-Gedenkstätte Dachau wird Samstag auf Sonntagnacht gestohlen. Zwischen 23.45 Uhr und 5.30 Uhr, hoben Unbekannte die schmiedeeiserne, 100 Kilogramm schwere Eingangstür mit dem zynischen Satz "Arbeit macht frei" aus den Angeln, wuchteten sie über ein Sicherungstor und brachten sie vermutlich in einem Lieferwagen oder Pkw-Kombi weg. Dieser Anschlag auf das Gedenken konnte durch die Polizei nicht zeitnah aufgeklärt werden. Er erinnert an einen ähnlich seltsamen Diebstahl in der Gedenkstätte KZ Auschwitz.

Dies bewegt die Region: Allerdings erbrachten die Hinweise aus der Bevölkerung bisher nichts Konkretes. Statt der erwarteten 30 kommen 300 Menschen eine Woche später dort zu einer Mahnwache zusammen. Die Polizei hat plötzlich Anfragen aus aller Welt - und hofft auf DNA-Spuren zur Klärung der Täterfrage. Das Bayerische Landeskriminalamt hat eine Belohnung von 3000 Euro für Hinweise auf die unbekannten Diebe ausgesetzt.

(SZ dazu, 9. November 2014)

Weblinks und Literatur

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder: Nationalsozialistische Zwangslager: Strukturen und Regionen - Täter und Opfer. Metropol-Verlag, 2011. ISBN 978-3863310653
  • Wolfgang Benz, Angelika Königseder: Das Konzentrationslager Dachau. Geschichte und Wirkung nationalsozialistischer Repression, Metropol Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-940938-10-7
  • Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder (Redaktion): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 9 Bände, 2005 – 2009, ISBN 978-3-406-52960-3 (online Rezension der Reihe bei hsozkult.geschichte.hu-berlin.de); Inhaltsregister)
    • 1: Die Organisation des Terrors. Mitherausgeberin Angelika Königseder. 2005, 394 Seiten (2. Aufl. 2005). ISBN 978-3-406-52961-0
    • 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. 2005, 607 Seiten. ISBN 3-406-52962-3




Vorlage:Stub