Helga Rohra
Helga Rohra (* April 1953 in (Siebenbürgen, Rumänien), wohnhaft in München, ist seit ihrem 54. Lebensjahr dement und Autorin. Sie ist aber nicht nur Patientin (erleidend) sondern sie hat ein Buch über ihre Demenz geschrieben.
An einem Sommerabend im Jahr 2008 wollte sie ihren Laptop starten, um für eine Konferenz etwas zu schreiben. Doch sie wußte nicht mehr, wie das geht, den Computer starten. Sie wußte auch nicht mehr, wie diese Tastatur da vor ihr funktioniert, wie die Buchstaben auf einander folgen. Sie bleibt ruhig. "Mei", denkt sie, "bist du aber erschöpft." Sie holt sich etwas zu trinken, raucht eine Zigarette, danach wird's schon wieder gehen. Doch es geht auch dann nicht. Ihr Handwerkszeug, ihre Sprachen, entgleiten ihr ganz allmählich. Es dauerte etwa ein Jahr, bis Ärzte ihr die Diagnose mitteilen konnten/mussten. Sie hat gelernt, damit zu leben.
Eiweißverklumpungen setzen sich in und zwischen die Nervenzellen im Gehirn der Kranken fest, erst verursachen sie nur kleine Funktionsstörungen zwischen den Zellen. Nach und nach lassen sie dann immer mehr Nervenbahnen absterben. Die/der Erkrankte vergisst, was er konnte, was er wusste. Demenz hat viele Gesichter. Bei ihr heißt die Diagnose Lewy-Body-Demenz. Das Hauptmerkmal ist aber immer das langsame Verschwinden von geistigen Fähigkeiten. Frau Rohra bezeichnet sich noch als "Demenzaktivistin" und erklärt, warum sie sich bundesweit für die Rechte der Demenzbetroffenen einsetzt. Da geht es auch um Geld. Aber auch um die Achtung der noch vorhandenen Fähigkeiten. Denn Menschen, die an Demenz erkrankt sind, gelten bei der Arbeitsagentur als nicht vermittelbar, einen Schwerbehindertenausweis bekommen sie aber auch nicht.
Frau Rohra spricht -trotzdem- nun oft vor Pflegern, Ärzten, vor Angehörigen und Betroffenen. Keine Woche ohne Termine. Das Jobcenter wollte ihr keine Arbeit geben, sie hat sich ihre eigene Aufgabe geschaffen, eine Mission. Aufklären über Demenz will sie, Mut machen, um einen Platz in der Gesellschaft kämpfen. Inzwischen wurde sie in den Vorstand der Alzheimer Gesellschaft München e.V. (agm) gewählt.
Sie fordert einen eigenen Status für Demente, ähnlich dem von Behinderten. "Gerade wir Frühdementen, die wir noch vieles können, werden viel zu früh abgeschrieben."
Verein Trotzdemenz
Der Verein Trotzdemenz e.V. kämpft für eine neue Sichtweise auf die Menschen, die an der Krankheit Demenz leiden.
Buch
- Helga Rohra: Aus dem Schatten treten. Warum ich mich für unsere Recht als Demenzbetroffene einsetze. Mabuse-Verlag, 133 Seiten, 2. Auflage. 2012. ISBN 9783940529862, auch als Hörbuch (von der Autorin gesprochen) [1]
- Knappe Rezension zu Aus dem Schatten treten bei Buchkönig.com.
- Helga Rohra: Ja zum Leben trotz Demenz! Warum ich kämpfe. Heidelberg, Medhochzwei-Verlag, 2016, 99 Seiten. ISBN 978-3-86216-283-3
Lebensdaten
- 1953 als Deutsche in Rumänien geboren. Ärger hatte sie dort vor allem wegen ihrer Religiosität.
- Als Aussiedlerin kommt sie 1972 nach Bayern. Sie lebt zeitweilig in Waldkraiburg und ist für die CSU dort auch im Stadtrat. Nachdem ihre Ehe scheiterte, zog sie mit ihrem Sohn nach München.
- 2009 erhält sie die Diagnose Demenz. Mit Hilfe eines Schreibassistenten hat sie das biografische Buch verfasst.
Weblinks
- www.helgarohra.com, offizielle Website
- Literatur von und über Helga Rohra im Katalog der Deutschen NationalbibliothekW
- Heike Vowinkel: Ein Leben mit dem Vergessen. In: Die Welt vom 7.02.12
- H.F.: Ich kämpfe wie ein Widder. taz vom 7. Jan. 2012 (Sehr persönliches Interview von Waltraud Schwab)
- Beratung - Alzheimer Gesellschaft München e.V. (www.agm-online.de), Demenz-Telefon. Fachkräfte der Alzheimer Gesellschaft München beraten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.
Einzelnachweise
- ↑ Ein Leben mit dem Vergessen, Die Welt, 7. Feburar 2012.