Großmarkthalle
Die Großmarkthalle München im Münchner Stadtteil Sendling ist ein seit 1912 bestehender Großhandelsmarkt für Lebensmittel und Blumen nahe der Isar und in unmittelbarer Nähe des südlichen Mittleren Rings.
Daten und Fakten
Die Großmarkthalle ist ein Eigenbetrieb der Landeshauptstadt München mit der Aufgabe, die Großmarkthalle einschließlich des Umschlagplatzes, die Sortieranlage, die vier ständigen Lebensmittelmärkte der Stadt (Viktualienmarkt, Elisabethmarkt, Pasinger Viktualienmarkt und Wiener Markt) und die städtischen Wochenmärkte als Einrichtungen der Landeshauptstadt zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Blumen zu betreiben und durch Flächen- und Objektmanagement die zur Verfügung stehenden Flächen einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Zu diesem Zweck beschäftigt die Großmarkthalle um die 70 eigene Mitarbeiter, hatte 2005 rund 2.900 ausgegebene Kundenausweise registriert und verbuchte als Eigenbetrieb einen Jahresumsatz von 12,2 Millionen Euro.
Neun Hektar des 310.000 Quadratmeter großen Areals sind überbauter Raum, der sich aufteilt in sechs voll unterkellerte Verkaufshallen, sieben weitere Umschlag- und Lager- beziehungsweise Kühlhallen, den Blumengroßmarkt, die Gärtnerhalle, zwei Kontorhäuser mit knapp 300 Büroräumen, Gleisanschluss, die Bananenreiferei, die frühere Sortieranlage, die Feinkosthalle und den Fruchthof, der Wohnen und Gewerbe verbindet.
Auf dem Großmarkt München schlagen 270 Import- und Großhandelsfirmen jährlich 600.000 Tonnen Waren in 140 Gattungen aus 83 Ländern im Wert von über 750 Millionen Euro um. Hinzu kommen 65 Gartenbau-Erzeugerbetriebe, 45 Blumenhändler und 15 Großhandelsfirmen sonstiger Branchen. Insgesamt generieren auf dem Großmarkt inklusive Blumengroßmarkt und Gärtnerhalle knapp 400 Firmen mit über 3000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von geschätzten 1,5 Milliarden Euro. Sie versorgen täglich eine Region mit etwa fünf Millionen Menschen und vermitteln Waren in das gesamte europäische Ausland.
Unternehmensziele
„Eine Gewinnerzielungsabsicht besteht nicht“, heißt es in der Großmarkthallensatzung und der Lebensmittelmarktsatzung der Landeshauptstadt München.
Die Großmarkthalle wird als kostenrechnende Einrichtung betrieben und finanziert ihren Aufwand durch die von den Kunden erhobenen Gebühren und Entgelte. Die Unternehmensleitlinien und Ziele der Großmarkthalle München definieren die Aufgaben (Versorgungsauftrag, Wirtschaftspolitischer Auftrag, Dienstleistungsauftrag, Kultureller Auftrag, Wirtschaftlichkeit und Kostendeckung, Kostenverantwortung), die Ziele (Optimierte Ablauforganisation, Qualität und Zuverlässigkeit, Kundenorientierung, Verantwortung für die Umwelt, Informationspolitik, Internationales Frischezentrum) und die Unternehmenskultur (Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Klare Aufgabenzuweisung, Einhaltung von Dienstvorschriften, Führungskultur, Praktizierter Arbeitsschutz) der Großmarkthalle München.
Kunden
In der Großmarkthalle wird nur Großhandel betrieben, ein Verkauf an Privatkunden ist nicht vorgesehen.
Die Bezeichnung Kunde ist in der Großmarkthalle mehrdeutig:
- Kunden des Eigenbetriebs Großmarkthalle sind dessen Mieter, also die Großhändler.
- Kunden der Großhändler sind die bei ihnen kaufenden Wiederverkäufer, die sich wie folgt einteilen lassen:
- Einzelhandelsgeschäfte im Lebensmittelbereich, vom kleinen Gemüsehändler bis zu Alois Dallmayr.
- Gastronomie
- Großküchen und Kantinen
- Großhändler in kleineren Städten; dort gibt es meistens keine klassischen Großmärkte, sondern privat geführte Verteilzentren.
- Handelsketten: diese umgehen meistens die Großmärkte, sie kaufen aufgrund ihrer Größe und Logistik die Ware direkt in den Anbaugebieten in großen Mengen auf und besitzen eigene Güterverteilzentren in ganz Deutschland. Im Bereich der Exoten, die ein großes Fachwissen bezüglich Transport und Lagerung erfordern, wie beispielsweise Papayas, kaufen die Ketten jedoch immer noch gerne im Großmarkt ein. Auch bei Lieferengpässen nutzen sie die Großmarkthalle.
- Kunden der Wiederverkäufer sind die Konsumenten oder Endverbraucher.
Betriebsablauf
Der Verkauf in den Hallen erfolgt von Montag bis Freitag (im Blumengroßmarkt auch am Samstag). Lastkraftwagen mit bestellten Waren, die vor 3.00 Uhr früh am Gelände ankommen, warten auf dem vorgeschalteten Parkplatz mit einer Kapazität von 150 LKWs, der mit Einrichtungen für die Fahrer ausgestattet ist. Ab 3.00 Uhr dürfen die LKWs in das Gelände einfahren, bis 5.30 Uhr bestücken dann die Großhändler ihre Stände mit der frisch gelieferten Ware oder aus Lagerbeständen. Ab 5.30 Uhr ist die Großmarkthalle für die zugangsberechtigten Einkäufer geöffnet. Der Handel läuft offiziell bis 13.00 Uhr (Freitag bis 14.00 Uhr), allerdings sind die meisten Transaktionen bis 12.00 Uhr abgeschlossen.
Preisauszeichnungen sind nicht üblich, die für die Waren zu zahlenden Preise sind Verhandlungssache und hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- Einkaufspreise der Großhändler: diese schwanken manchmal täglich, beispielsweise während der Spargelsaison
- Menge: Die Mindestabnahme beträgt immer eine Steige oder Kiste, werden größere Mengen gekauft, sinkt der Preis pro Einheit
- Uhrzeit: früh am Morgen ist die Ware normalerweise teurer als Mittags, wenn der Großhändler seine Restposten noch schnell loswerden will
- Beziehungen und Geschick: gute persönliche Beziehungen zum Großhändler und das eigene Verhandlungsgeschick können die Höhe des Preises natürlich auch beeinflussen.
Verwaltung
Die Großmarkthalle als Eigenbetrieb der Stadt München wird vom Kommunalreferat betreut. Die Kommunalreferentin Gabriele Friderich ist gleichzeitig erste Werkleiterin und bestimmt die wirtschaftspolitische Richtung. Der zweite Werkleiter (früher Direktor) ist zuständig für das operative Geschäft.
Die Nutzung des Großmarkthallengeländes für Großhändler, Mieter und Einkäufer ist durch die Großmarkthallensatzung geregelt.
Die verschiedenen Gebühren für Stände, Parkplätze, Kundenausweise, Büros und weiteres richten sich nach der Gebührensatzung.
Generell erfolgt die Vergabe von Objekten durch eine Zuweisung (Verwaltungsakt). Die Nutzung von Groß- und Sonderobjekten wird meist durch Miet- oder Pachtverträge geregelt.
Die Sortieranlage, obwohl räumlich getrennt vom umschlossenen Betriebsgelände, gehört zum Satzungsgebiet. Der Fruchthof dagegen ist nicht mehr von den Satzungen betroffen.
Abfallentsorgung
In früheren Zeiten wurde in der Sortieranlage aus der Ausschussware das noch Verzehrbare zum Weiterverkauf aussortiert. So genannte Klauberweiberl trennten damals in großen Wasserbottichen die gute von der schlechten Ware, was noch essbar war wurde dann von ambulanten Händlern sehr günstig verkauft. Da heutzutage niemand mehr für ein paar Pfennige Stundenlohn arbeitet, wurde dieses System aufgegeben. Inzwischen werden Lebensmittel, die nicht mehr verkäuflich, aber noch für den Verzehr geeignet sind, von der Münchner Tafel an Bedürftige verteilt. Ware, die nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet ist, bekommt der Tierpark Hellabrunn. Der Rest wird zu Kompost verarbeitet.
Noch 1994 fielen auf dem Gelände der Großmarkthalle rund 10.000 Tonnen Restmüll an. Da zu dieser Zeit die Müllgebühren aufgrund des immer knapper werdenden Deponieraums extrem anstiegen, war die Müllentsorgung mittelfristig nicht mehr finanzierbar. Ein Umlegen dieser hohen Kosten auf die Händler hätte wahrscheinlich deren Auszug und damit das Ende der Großmarkthalle bedeutet. Um das Problem in den Griff zu bekommen, wurde von den Händlern eine Entsorgungsgenossenschaft gegründet, die mit der Abfallentsorgung beauftragt wurde. Der Müll wird jetzt in der Entsorgungsstation Hammermühle in wiederverwertbare Partien wie Holz, Kartonagen, Bioabfall, PET / PP und dergleichen einerseits und Restmüll andererseits getrennt. Gleichzeitig führten die Großhändler mit Pfand belegte Transportbehältnisse aus Kunststoff für die Einkäufer ein, wodurch der Verpackungsmüll reduziert werden konnte. Zusätzlich wurde von der Großmarkthallenverwaltung eine Videoanlage auf dem Gelände installiert, um die Ablagerung von „wildem Müll“ besser kontrollieren zu können.
Alle diese Maßnahmen führten dazu, dass die Großmarkthalle 2004 insgesamt nur noch 3.000 Tonnen Müll produzierte, von denen lediglich um die 800 Tonnen nicht verwertbarer Restmüll waren.
Hallen und Gebäude
- Blumengroßmarkt, 2000 : betrieben durch die Neuer Blumengroßmarkt München Vertriebsgesellschaft mbH. In dem neuen, architektonisch gut gelösten Gebäude an der Schäftlarnstraße auf dem Großmarktgelände bieten knapp 50 Händler eine reiche Auswahl an Blumen und Pflanzen an. Das Sortiment umfasst Frühjahrs- und Sommerblüher, Topfpflanzen, Schnittblumen, Beet- und Balkonpflanzen, Stauden, Baumschulware, Dekorations- und Gartenbau-Bedarfsartikel sowie Tannengrün und Bindereibedarf und wird in dem großzügig geschnittenen und lichtdurchfluteten Hallenbau auf zwei Ebenen präsentiert. Neben den regelmäßigen Öffnungszeiten bietet der Blumengroßmarkt München dem Handel Sonderverkaufszeiten und Special Events. Auch öffentliche Veranstaltungen wie Kunstausstellungen finden gelegentlich im Blumengroßmarkt statt. Zum Einkauf berechtigt sind Blumengeschäfte, Dekorationsgeschäfte mit Verkaufsläden, Obst- und Gemüsehändler mit Blumen im Zusatzverkauf, die Hallenfirmen des Großmarkts München, Gastronomiebetriebe sowie kirchliche und andere öffentliche Einrichtungen, die für Sonderveranstaltungen mit einem Tagesausweis im Blumengroßmarkt München einkaufen können.
- Feinkosthalle, 1977 : Betreiber ist die Selge Feinkosthandels GmbH . Diese Halle war früher die Blumenhalle.
- Fruchthof, ca. 1900 : Dieses älteste zum Großmarkt gehörige Gebäude wird durch die Großmarkthalle München selbst betrieben, es beheimatet Gewerbeflächen, Wohnungen, Ateliers und Einzelhandelsgeschäften und wurde Ende der 1930er Jahre vom Großmarkt übernommen. Im zweiten Weltkrieg wurde es stark zerstört, nach dem Krieg wieder aufgebaut und von 1995 bis 2005 komplett saniert. Der Fruchthof liegt direkt neben dem Großmarkt, aber nicht mehr auf dem Gelände.
- Gaststätte Großmarkthalle, 1912 [12]: Die Gaststätte ist ein „Geheimtipp“ für gute bayrische Küche und wird von Metzgermeister Ludwig Wallner zusammen mit seiner Schwester Gabi Walter in den historischen Räumen betrieben. Die berühmten Münchner Weißwürste kommen dort stets frisch und genau im rechten Augenblick auf den Teller, weitere Schmankerl sind beispielsweise die gefüllte Kalbsbrust mit Brat- oder Semmel-Füllung oder die kälberne Briesmilzwurst. Da in den großen Gasträumen außer Großmarktarbeitern und Lieferanten auch viele Wirtskollegen einkehren, die gerade vom Einkaufen kommen, ist einwandfreie Qualität bei den Wallners selbstverständlich.
- Gärtnerhalle, 1970 : In dieser von der Erzeugergemeinschaft Großmarkt München e.V. betriebenen Halle vermarkten Berufsgärtner aus München und Umgebung von Montag bis Freitag ihr frisch geerntetes Obst und Gemüse direkt. Die Münchner Gärtnerhalle ist eine der letzten Einrichtungen ihrer Art auf deutschen Großmärkten.
- Halle 1 bis Halle 4, 1912 : In den „Ur-Hallen“ des Großmarkts, betrieben von der Großmarkthalle München, findet bis heute der „klassische“ Verkauf von Obst und Gemüse an den Ständen der verschiedenen Händler statt.
- Halle 5, : wird ebenfalls durch die GMH selbst betrieben und ist an Großhändler vermietet.
- Halle 6, 1961 : Betreiber GMH. In diesem auch als Kartoffelhalle bekannten Gebäude logieren hauptsächlich Kartoffel- und Zwiebelhändler.
- Halle 10, 2005 : Auch diese neue Halle betreibt die Großmarkthalle selbst, sie ist vermietet an Großhändler.
- Halle 23, 2002 : Betrieb durch GMH, vermietet an Großhändler.
- Hausladen, 1985 (?): wird durch die gleichnamige Firma betrieben (Großhändler mit Bananenreiferei).
- Kontorhaus 1, 1926/27 nach Plänen von Karl Meitinger: Das alte Kontorhaus wird durch die GMH betrieben und ist Sitz der Amtsspedition Papp, verschiedener Büros für Fruchthandel und sonstiger Firmen.
- Kontorhaus 2, 1953: Das in der Nachkriegszeit erbaute Kontorhaus, ebenfalls im Eigenbetrieb der Großmarkthalle beherbergt weitere Büros für den Fruchthandel und sonstige Firmen.
- Ladenreihe,: In der früheren Kartoffelhalle betreibt die Großmarkthalle heute Ladengeschäfte für den Großhandel und Büros.
- Postgebäude, 1912: In diesem mit der Gaststätte verbundenen Gebäude aus der Anfangszeit, das von der Großmarkthalle verwaltet wird, befindet sich ein Postamt, Büros und Dienstwohnungen.
- Sortieranlage, 1926: In dieser Anlage, die ebenfalls durch die GMH verwaltet wird wurde früher aus der Ausschussware noch Verzehrbares zum Weiterverkauf aussortiert. Heute befinden sich dort Lagerräume von ambulanten Händlern und Geschäfte des Lebensmitteleinzelhandels sowie Gastronomie. Die Sortieranlage liegt räumlich getrennt neben dem Großmarkt, ist aber noch Teil des Satzungsgebiets.
- Tiefkühllager (TGM), 1997: Das Tiefkühlhaus wird durch die Firma Papp betrieben, die darin Kühlraum an verschiedene Großhändler vermietet.
- Umschlaghalle I (UGM I), 1987: Die Fa. Papp betreibt auch alle drei Umschlaghallen und vermietet nach Bedarf an diverse Großhändler.
- Umschlaghalle II (UGM II), 1990: siehe UGM I.
- Umschlaghalle III (UGM III), 1979: siehe UGM I. Bei alten Marktgängern ist diese Halle auch noch als „Desumahalle“ (Deutscher Supermarkt) nach dem früheren Betreiber bekannt.
Geschichte
Bis 1945
Um 1869 wurde die Bahnverbindung von Italien über den Brenner nach Süddeutschland fertig gestellt. In Folge dieser Entwicklung kamen in immer größerem Umfang Waggonlieferungen mit Südfrüchten aus Italien in München an. Die Waren wurden am Südbahnhof entladen und mit Pferdefuhrwerken zur Schrannenhalle und zum Viktualienmarkt transportiert. Mit dem raschen Anstieg der Importe aus dem Süden zeigte sich bald, dass beide Einrichtungen mit dem Umschlag dieser Warenmenge überlastet waren. Daher wurde bereits im Jahr 1893 beim Magistrat der königlichen Haupt- und Residenzstadt München die Errichtung einer „künftigen Großmarkthalle“ nach Berliner und Pariser Vorbild zur Sprache gebracht.
1907 wurde der Bauplatz (damals noch auf der „grünen Wiese“) festgelegt, im folgenden Jahr erteilte der Magistrat der Stadt die Baugenehmigung, 1909 bewilligte er Baumittel in Höhe von 2,5 Millionen Goldmark.
1910 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, die Pläne dazu stammten von dem städtischen Architekten Richard Schachner, der für dieses seinerzeit größte Bauprojekt in Eisenbetonbauweise zuvor ausgedehnte Studienreisen unter anderem nach Berlin und Paris unternommen hatte.
Am 14. Februar 1912 fand die Eröffnung der Großmarkthalle mit vier Markthallen (je 17,20m breit und 20m hoch) und einer Gebäudegruppe an der Thalkirchner Straße durch Oberbürgermeister Wilhelm Georg von Borscht statt.
Die Baukosten betrugen für die Halle 2,8 Millionen Goldmark, für den Gebäudekomplex 4,2 Millionen. Ursprünglich war die Großmarkthalle als Umschlaganlage für Fleisch, Butter, Eier, Schmalz, Obst und Gemüse und andere Lebensmittel gedacht. Das Großmarkthallengelände wurde damals im Norden von der Lagerhausstraße, im Westen von der Tumblingerstraße, im Süden von der Valleystraße (heute Kochelseestraße) und im Osten von der alten Thalkirchner Straße (heute Teil des Großmarkthallengeländes) begrenzt und umfasste 46.500 Quadratmeter.
In den zwanziger Jahren entstanden der Gärtnerfreimarkt, der Umschlagbahnhof, die Sortieranlage und das Kontorhaus 1 mit Büros. 1927 betrug die Menge der Warenanlieferungen per Bahn bereits über 20.000 Tonnen.
Als im Zweiten Weltkrieg die zerstörerischen Folgen der NS-Diktatur durch Luftangriffe der Alliierten auch für die deutsche Zivilbevölkerung spürbar wurden, kam es auch im Bereich der Großmarkthallen zu schweren Schäden durch Luftminen und Brandbomben. In den letzten Kriegsjahren wurden 80 Prozent der Marktanlagen zerstört. Der Angriff mit den schwersten Folgen für die Großmarkthalle erfolgte in der Nacht vom 6. zum 7. September 1943 durch die britische Royal Air Force, doch auch die 8. USAAF flog mehrere Angriffe, die auch den Großmarkt trafen. Im November 1944 wurde auch die Eisenbahnverbindung zum Großmarkt vorübergehend unterbrochen.
Wiederaufbau und Erweiterung nach 1945
Nach der schwierigen Phase der unmittelbaren Nachkriegszeit war mit dem Wiederaufbau in den fünfziger und sechziger Jahren eine großzügige Erweiterung der gesamten Anlage verbunden. Gegenüber dem Vorkriegsstand wurde die Zahl der Verkaufsstände, Büros, Lager und Parkplätze erheblich vermehrt. Die Kosten für den Wiederaufbau der Hallen 1 bis 4 betrugen 6,5 Millionen DM.
Zunächst wurde 1948 zunächst der Gärtnerfreimarkt instand gesetzt, 1949 begannen die weiteren Wiederaufbauarbeiten. Die Thalkirchner Straße wurde aus verkehrstechnischen Gründen verbreitert. Die gesamte Behelfsanlage östlich der Thalkirchner Straße wurde kanalisiert und mit einer Teer-Makadam-Decke versehen. In diese Zeit fällt auch die Errichtung eines 3.000 Quadratmeter großen Parkplatzes an der Kochelseestraße, auf dem nun nach einem Stadtratsbeschluss von 2005 die geplante neue Moschee in Sendling errichtet werden soll.
1950 wurde in der Großmarkthalle eine Tankstelle eingerichtet, das Kontorhaus 1 um eine Etage aufgestockt, wodurch 36 neue Büros entstanden, die Halle 2 betriebsfertig hergestellt und die Halle 3 im Rohbau errichtet. Im Jahr darauf wurde Halle 3 fertig gestellt, die stark beschädigte Halle 1 renoviert und mit dem Rohbau der Halle 4 begonnen, die 1952 eröffnet werden konnte. 1953 wurde das Kontorhaus 2 errichtet, drei Jahre später der Umschlagbahnhof ausgebaut, das Lagervolumen und die Zahl der Parkplätze stark erweitert. In den Jahren 1958 und 59 wurde das neue Kontorhaus nochmals erweitert, wodurch noch einmal 32 neue Büros geschaffen wurden. 1959 war der zweite Bauabschnitt des Umschlagbahnhofes abgeschlossen.
Sechziger und Siebziger Jahre
1960 wurde eine vollautomatische Doppelgleiswaage in Betrieb genommen, 1961 ein Blumengroßmarkt in der ehemaligen Kartoffelhalle (jetzt Ladenreihe) eingerichtet und die neue Halle 6 bezogen. 1962 feierte die Großmarkthalle ihr 50-jähriges Bestehen der, das aus diesem Anlass herausgegebene Buch ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. In den Jahren 1963 bis 1966 wurde der Abfertigungsplatz an der Schäftlarnstraße errichtet.
1970 wurde die Gärtnerhalle der Erzeugergemeinschaft München e.V. an Stelle der im Freien befindlichen Verkaufsstände des alten Gärtnerfreimarktes errichtet. Im Jahr 1971 wurde die Thalkirchner Straße in das Terrain der Großmarkthalle einbezogen und damit ein zusammenhängendes Betriebsgelände hergestellt.
In der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre wurde die erste Blumenhalle des Blumengroßmarktes München gebaut, deren Betrieb 1977 begann (heute befindet sich darin die Feinkosthalle).
Die Behelfsanlagen östlich der alten Thalkirchner Straße wurden Ende der Siebziger abgerissen.
1980 bis 1999
Am 28. Februar 1985 lehnte der Kommunalausschuss des Münchner Stadtrats eine geplante Verlagerung der Großmarkthalle ab und stimmte den geforderten Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in der Großmarkthalle ohne Gegenstimme zu. Diese Beschlüsse werden von der Stadtratsvollversammlung am 27. März 1986 bestätigt, worauf die Brücke über die Lagerhausstraße erneuert wurde. Ab 1986 wurden umfangreiche Bauarbeiten einschließlich Tunnelbaumaßnahmen zur Verkehrsverbesserung und zur Sanierung der Großmarkthalle durchgeführt. Unter der Bauträgerschaft der mit privater Beteiligung gegründeten UGM wurde mit dem Bau der Bahnrampenhalle begonnen, des weiteren wurde die Hallenstraße in den Hallen 1 bis 4 auf das Niveau der Verkaufsstände angehoben. Mit diesen Maßnahmen war eine Erweiterung der Standflächen um etwa ein Drittel verbunden.
1987 feierte die Münchner Großmarkthalle ihr 75-jähriges Bestehen. Die neue Distributions- und Umschlaganlage der UGM wurde Anfang 1987 in Betrieb genommen, im Lauf des Jahres wurde eine Sanierung der Keller und der Heizungsanlagen durchgeführt. Vom LKW-Platz an der Schäftlarnstraße wurde ein Tunnel unter den Gleisanlagen des Umschlagbahnhofes zu den Verkaufsanlagen angelegt.
1990 wurde die zweite Distributions- und Umschlaghalle (UGM II) eingeweiht. 1995 nahm der Trailerport der Bayerischen Trailerzuggesellschaft als erste Einrichtung dieser Art in Europa den Betrieb auf, das Konzept bewährte sich allerdings nicht und die Firma ging 2004 in Konkurs. 1997 wurde ein neues Kühl- und Tiefkühllager mit rund 6.000 Quadratmeter Fläche eröffnet. 1998 wurde die Rechtsform vom städtischen Regiebetrieb zum Eigenbetrieb der Landeshauptstadt München geändert. 1999 wurde der erste „Tag der offenen Tür“ auf dem Großmarktgelände durchgeführt.
Entwicklung seit 2000
Aufgrund des Erfolges wurde der Tag der offenen Tür 2000 wiederholt. Am 11. November wurde die neue Blumenhalle eingeweiht.
2002 gab es einen dritten Tag der offenen Tür, im sanierten Gebäude der alten Blumenhalle wurde die neue Feinkosthalle eröffnet, die Sämmer- und Dußmannhalle wurden durch den Neubau der Halle 23 ersetzt.
2003 ging auf dem Dach dieser Halle eine Solaranlage der Solarpark 2000 KG in Betrieb.
2004 fand der vierte Tag der offenen Tür statt und die Sanierungsarbeiten für den Fruchthof konnten abgeschlossen werden.
Im Februar 2005 wurde die gelungene Fassadenrenovierung des Fruchthofs mit dem Fassadenpreis der Landeshauptstadt München ausgezeichnet, im selben Jahr wurde die neue Halle 10 als Ersatz für die alte Goldsteinhalle errichtet. Ende des Jahres stellten im Rahmen der Veranstaltungswoche Kunst in Sendling - Offene Ateliers in Sendling vom 20.-23.10.2005 unter dem Titel „Zwischen Sellerie und Erdbeeren“ unter dem Kuratorium von Rolf-Maria Krückels zwölf Künstler in der Halle 1 ihre Arbeiten aus. Weitere Ausstellungen waren unter anderem im Atelier Fruchthof und im Fruchthof-Keller zu sehen.
Am 14. Dezember 2005 beschloss der Stadtrat die Fusion der Großmarkthalle und des Schlachthofs zu den Markthallen München zum 01. Januar 2007.
Führungen
Im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit bietet die Großmarkthalle München Führungen für Gruppen ab acht bis maximal 25 Personen an. Die Gruppen sollten aus dem Großraum München kommen oder im Lebensmittelbereich tätig sein. Einzelpersonen können sich an die Münchner Volkshochschule oder den Deutschen Gewerkschaftsbund wenden, die im Rahmen ihrer Fortbildungsprogramme Führungen anbieten. Die Führungen sind prinzipiell kostenlos mit Ausnahme von über Reisebüros gebuchte Gruppen, dauern rund zweieinhalb Stunden und umfassen einen Vortrag, einen Film und eine Führung durch die Hallen. Weitere Details und Anmeldung auf der Homepage der GMH.
Sonstiges
- Der 1994 gegründete Verein MÜNCHNER TAFEL e.V. zur Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige hat seinen Sitz und zwei Verteilstationen in der Großmarkthalle München.
- Die Gegend um Großmarkthalle und Schlachthof wird im Volksmund als der „Bauch von München“ bezeichnet.
- Im Kontorhaus 2 befindet sich einer der letzten vier funktionierenden und befahrbaren Paternoster in München.
- Auch Freunde von Ökologischer Landwirtschaft und Naturkost werden in der Großmarkthalle fündig: die Andechser Markthalle bietet regionale und ökologische Milchprodukte, Käse, Eier, Getränke und mehr an.
- Auf dem Gelände der Großmarkthalle logieren inzwischen auch etwa 100 Firmen, die nichts mit dem Thema Lebensmittel zu tun haben, wie Architekten, Künstler, Werbeagenturen, EDV-Firmen, Grafiker und weitere.
- Die Großmarkthalle wird gerne als Kulisse für Dreharbeiten genutzt. Unter anderem wurde dort für die erste Folge von Zur Freiheit gefilmt, außerdem spielen dort Teile von Amore mit Wolfgang Fierek und Cleo Kretschmer und eine Folge der Krimiserie Tatort. Im Fruchthof wurden Teile des ersten Films von Erkan und Stefan gedreht.
Unternehmen
Die Großmarkthalle München handelt nicht selbstständig mit Lebensmitteln, sondern vermietet Flächen (Verkaufsstände, Hallen, Keller, Lagerräume, Parkplätze, usw.) an entsprechende Firmen.
Eine Auswahl der wichtigsten Unternehmen in der Großmarkthalle:
- Andreas Kupfer & Sohn GmbH (auf mehreren deutschen Großmärkten vertreten)
- Balth. Papp Internationale Lebensmittellogistik KG (auch: Amtsspedition Papp, seit 1912 am Großmarkt)
- Erzeugergemeinschaft Großmarkt München e.V. (Betreiber der Gärtnerhalle)
- Früchte Feldbrach GmbH (Münchens größter Gastronomielieferant)
- Hausladen Fruchthandelsgesellschaft mbH (Betreiber der Bananenreiferei)
- Josef Goldstein Fruchtimport-Export GmbH (nach dieser Firma war die alte Goldsteinhalle benannt)
- Ludwig Blendinger GmbH & Co. KG
- Luigi di Lenardo GmbH & Co. KG
- Mario Andretta & Co. (seit 1912 auf dem Großmarkt, auf mehreren deutschen Großmärkten vertreten)
- Martin Sutor und Philipp Müller GbR (betreibt auch einen Stand auf dem Viktualienmarkt)
- Neuer Blumengroßmarkt München Vertriebsgesellschaft mbH (Betreiber des Blumengroßmarkts)
- Selge Feinkosthandels GmbH (Mieter der Feinkosthalle)
- Siegfried Zelger GmbH (Vorsitzender des Bayerischen Fruchthandelsverbandes)
Literatur
Allgemeines, Geschichte
- Magistrat der Königlichen Haupt- und Residenzstadt München (Hrsg.): Die neue Großmarkthalle in München, München 1912. 4° Mon. 660
- Direktorium der Großmarkthalle und der städtischen Lebensmittelmärkte (Hrsg.): Großmarkthalle und Umschlagplatz München, München 1927, 8° Mon. 3 634
- Peter Neuhäuser (Institut für Gemüsebau der TH München in Weihenstephan): Der Gemüsegroßmarkt München. Sein Einfluß auf den marktnahen Gemüsebau, München 1967. Mon. 12 789
- Marianne E. Haas: Die Großmarkthalle - Deutschlands größter Obstbahnhof, in: Rosel Termolen (Hrsg.): Sendling 1977 - 100 Jahre Eingemeindung. Eine Festschrift von Sendlingern für Sendlinger, München: Verlag Franz Fackler 1977
- Wolfgang Peschel: Der „Bauch Bayerns“ - Die Münchner Großmarkthalle, in: Sendling - 111 Gründe, warum ein Münchner Stadtteil der Nabel Bayerns ist, S. 8 ff., Freising 1992: Frisinga Verlag. ISBN 3888410487
- Hans Widmann: Die Entwicklung der Münchner Großmarkthalle von ihren Anfängen bis in die Gegenwart, Dissertation bei Prof. Dr. Rainer Gömmel an der Universität Regensburg, erschienen unter dem Titel Münchener Großmarkthalle - Gründung, Entwicklung und Perspektiven im eurotrans-Verlag. ISBN 3936400032
Architektur
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Großmarkthalle von Richard Schachner, in: Vom Glaspalast zum Gaskessel, Arbeitshefte des Landesamts für Denkmalpflege Nr. 3, München 1979, S. 52-53
- H. Schmidt: Ein Moderner Eisenbetonbau; Die Grossmarkthalle am Südbahnhof in München, in: Die Bauwelt, Nr. 8, 1912, S. 31 ff.
- Richard Schachner: Der Neubau einer Grossmarkthalle in München, in: Deutsche Bauzeitung, Band XLIV (Nr. 78), 1910, S. 651 ff.
- Bauakten Nr. 13 und 18 im Bestand Grossmarkthalle, Stadtarchiv.
- B. Rueb und A. Keller: Die Eisenbetonkonstruktionen der Grossmarkthalle in München, in: Beton und Eisen, Heft 4, 1912, S. 97
- O. Domke und K.W. Mautner: Dachbauten, in: Fritz von Emperger (Hrsg.): Handbuch für Eisenbetonbau, zweite Auflage, Berlin 1920: Verlag Wilhelm Ernst & Sohn, S. 330 ff.
Weblinks
- Großmarkthalle München bei www.muenchen.de
- Luftbild mit genauer Beschriftung
- Architektonische Informationen (englisch; bei darkwing.uoregon.edu)
- Bilder bei Commons zur Großmarkthalle München
- Bundesverband Deutscher Fruchthandelsunternehmen
- GFI Gemeinschaft der Deutschen Großmärkte
=Lage auf der Karte
- LH München - Kommunalreferat - Lage der GMH im amtlichen Stadtplan des Vermessungsamtes
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