Sondergericht München
Das NS-Sondergericht München führte während des Krieges rund 4.750 Verfahren gegen etwa 6.300 Angeklagte durch. Die Gründung der Sondergerichte geht zurück auf eine durch die NS-Regierung im Frühjahr 1933 veranlaßte Notverordnung des Reichspräsidenten. In allen 25 Oberlandesgerichtsbezirken wurden Sondergerichte eingesetzt. Wichtigste Handlungsgrundlage der Sondergerichte war zunächst das Heimtückegesetz vom 20.12.1934. Die Dominanz von Eigentumskriminalität - die sich bei genauerer Betrachtung der Einzelfälle als klare Form der Klein- und Beschaffungskriminalität erweist - stand in engem Zusammenhang mit der miserablen Lebenslage der ausländischen ZwangsarbeiterInnen. Je desolater die Versorgungssituation, d.h. je größer die Schwierigkeiten bei der Subsistenzsicherung, um so eher kommt es zur Aneignung fremden Besitzes. Die überaus strengen Strafen für derartige Formen der "Hungerkriminalität" standen in keinem Verhältnis zur Schwere der Tat.
Darunter befanden sich 1.090 ausländische Angeklagte (zumeist ZwangsarbeiterInnen. Die Spruchtätigkeit des Münchner Sondergerichts war außerordentlich hart. Von allen Urteilen wurden nur 22,6 % als Gefängnisstrafen ausgesprochen. Dagegen wurden in über 60 % aller Fälle meist mehrjährige Zuchthaus- bzw. Straflagerstrafen verhängt. Lediglich 6 % aller Angeklagten wurden freigesprochen. Dagegen wurden 36 Todesurteile (8,3 %) ausgesprochen, von denen die meisten durch die "Fallschwertmaschine" im Gefängnis Stadelheim vollstreckt wurden. Die Angeklagten hatten kaum eine Möglichkeit, auf den Verlauf des Verfahrens Einfluß zu nehmen. Ihre Situation vor Gericht war vor allem gekennzeichnet durch ihre Ahnungs- und Hilflosigkeit, meist fehlten Dolmetscher und Anwälte.
Literatur
- Andreas Heusler: Ausbeutung und Disziplinierung. Zur Rolle des Münchner Sondergerichts und der Stapoleitstelle München im Kontext der nationalsozialistischen Fremdarbeiterpolitik. Aufsatz vom 15. Januar 1998, ISSN 1860-5605 In : forum historiae iuris,
- auch zur Münchner Stapoleitstelle
- Peter HüttenbergerW: Heimtückefälle vor dem Sondergericht München 1933-1939, in: Martin Broszat u.a. Konflikt, 1981
- Hans Wüllenweber: Sondergerichte im Dritten Reich. Vergessene Verbrechen der Justiz. Sammlung Luchterhand; 1998, 254 Seiten (wahrscheinlich die erste Untersuchung der Verfahren und dem Verbleib der Richter im Nachkriegsdeutschland durch einen Nichtjuristen und Nichthistoriker) ISBN 978-3423619097
Siehe auch
- Verfahren gegen Kriegsdienstverweigerer
Siehe auch, Weblinks
- Zeit_des_Nationalsozialismus Wikipedia-Artikel zu Sondergerichten der Zeit des Nationalsozialismus
- Die Verhandlung gegen Pater R. Mayer: Der Pater und sein Richter. SZ vom 10. Mai 2010
- Der Vorsitzende des Fliegenden Sondergerichts West in München, Generalleutnant Rudolf Hübner. Er wurde am 10. März 1945 zum Kommandeur des Fliegenden Sondergerichts West ernannt. Es ging um die Rhein-Brücke in Remagen, dort verurteilte Hübner nach den Verhandlungen bis zum 14. März 1945 die Majore Hans Scheller, August Kraft und Herbert Strobel, Hauptmann Bratge und Oberleutnant Peters zum Tod durch Erschießen. Die Urteile wurden jeweils unmittelbar nach der Verkündigung vollstreckt. Am 28. April 1945 wurde Hübner zum Kommandanten von München ernannt. Unter seinem Kommando wurden in den letzten Kriegstagen auch zahlreiche Unterstützer der Freiheitsaktion Bayern "hingerichtet" - korrekt wäre: ermordet.