Konzentrationslager Theresienstadt: Unterschied zwischen den Versionen

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Für die betroffenen Häftlinge hatte das Konzentrationslager Theresienstadt dadurch die gleiche Funktion wie die anderen "Sammellager" der großen Vernichtungslager der SS in Polen. Durch die alliierten Truppen wurden dort 1945 auch viele Münchnerinnen und Müncher befreit und somit vor dem Tod gerettet.
Für die betroffenen Häftlinge hatte das Konzentrationslager Theresienstadt dadurch die gleiche Funktion wie die anderen "Sammellager" der großen Vernichtungslager der SS in Polen. Durch die alliierten Truppen wurden dort 1945 auch viele Münchnerinnen und Müncher befreit und somit vor dem Tod gerettet.


Für die betroffenen jüdischgläubigen Münchner KZ-Häftlinge  (Frauen, Männer, alle Altersgruppen)  gibt es also keinen Friedhof, kein Grab, weder in Terezín, Oswiecim, Treblinka, Majdanek oder Sobibor.


;Für die betroffenen jüdischgläubigen Münchner KZ-Häftlinge  (Frauen, Männer, alle Altersgruppen)  gibt es also keinen Friedhof, kein Grab, weder in Terezín, Oswiecim, Treblinka, Majdanek oder Sobibor.
* Genaue Daten und Zahl der Münchner Opfer siehe im Artikel '''[[Judendeportationen aus München]]''' der insgesamt etwa 3.500 aus iher Heimat weggebrachten Menschen und den dort genannten Transportlisten zu den einzelnen Deportationen bis 1945.
* Genaue Daten und Zahl der Münchner Opfer siehe im Artikel '''[[Judendeportationen aus München]]''' der insgesamt etwa 3.500 aus iher Heimat weggebrachten Menschen und den dort genannten Transportlisten zu den einzelnen Deportationen bis 1945.
* Die meisten der zahlenmäßig "kleineren Judentransporte", insgesamt mit 1.472 Personen aus der Stadt, fuhren die in München gefangen genommenen Opfer in dieses Konzentrationslager.  
* Die meisten der zahlenmäßig "kleineren Judentransporte", insgesamt mit 1.472 Personen aus der Stadt, fuhren die in München gefangen genommenen Opfer in dieses Konzentrationslager.  


==Geschichte des Lagers ==
== Geschichte des Lagers ==
Das heutige Terezín (auf deutsch umbenannt Theresienstadt) ist eine im 18. Jahrhundert von Österreich als KuK-Festung errichtete Stadt mit 3.018 Einwohnern (Stand 1. Jan. 2008) im Bezirk Litoměřice (dt. Leitmeritz) in der Ústecký kraj in Tschechien mit einem strengen Grundriss. Die ehemalige österreichische Garnisonsstadt wurde vor allem durch das dort eingerichtete deutsche ''Konzentrationslager Theresienstadt'' '''von 1940 bis 1944''' in der Nachkriegszeit weltweit bekannt. Es diente zunächst der Unterdrückung in der Tschechoslowakei (vergleiche dazu [[Münchner Abkommen]], 1938)
Das heutige Terezín (auf deutsch umbenannt Theresienstadt) ist eine im 18. Jahrhundert von Österreich als KuK-Festung errichtete Stadt mit 3.018 Einwohnern (Stand 1. Jan. 2008) im Bezirk Litoměřice (deutsch: Leitmeritz) in der Ústecký kraj in Tschechien mit einem strengen Grundriss. Die ehemalige österreichische Garnisonsstadt wurde vor allem durch das dort eingerichtete deutsche ''Konzentrationslager Theresienstadt'' '''von 1940 bis 1944''' in der Nachkriegszeit weltweit bekannt. Es diente zunächst der Unterdrückung in der Tschechoslowakei (vergleiche dazu [[Münchner Abkommen]], 1938)


Im Juni 1940 begannen die deutschen Besatzer der Tschechoslowakei damit, aus Terezin ein Konzentrationslager zu machen. Sie richteten in der "Kleinen Festung" am 10. Juni 1940 ein Gefängnis der [[Gestapo]] ein, in dem bis 1945 etwa 32.000 tschechische Oppositionelle, [[Widerstand, Verweigerung und Protest gegen das NS-Regime in München|Mitglieder des Widerstandes]] oder dessen Verdächtigte und Kriegsgefangene unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt wurden. Etwa ein Jahr später entstand in der Garnisonsstadt (der großen Festung) ein immer größer werdendes Sammel- und Durchgangslager für die gesamte jüdische Bevölkerung "Böhmens und Mährens“, das "eingedeutscht" werden sollte. Die Festungsmauern erleichterten die Bewachung und machten Stacheldrahtzäune überflüssig. Gegen Kriegsende diente Theresienstadt kurzzeitig der NS-Propaganda als „Vorzeigeghetto“, um das [[Rotes Kreuz|Rote Kreuz]] und damit die internationale Öffentlichkeit über die mit der „Endlösung der Judenfrage“ verbundenen Ziele zu täuschen.  
Im Juni 1940 begannen die deutschen Besatzer der Tschechoslowakei damit, aus Terezin ein Konzentrationslager zu machen. Sie richteten in der "Kleinen Festung" am 10. Juni 1940 ein Gefängnis der [[Gestapo]] ein, in dem bis 1945 etwa 32.000 tschechische Oppositionelle, [[Widerstand, Verweigerung und Protest gegen das NS-Regime in München|Mitglieder des Widerstandes]] oder dessen Verdächtigte und Kriegsgefangene unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt wurden. Etwa ein Jahr später entstand in der Garnisonsstadt (der großen Festung) ein immer größer werdendes Sammel- und Durchgangslager für die gesamte jüdische Bevölkerung "Böhmens und Mährens“, das "eingedeutscht" werden sollte. Die Festungsmauern erleichterten die Bewachung und machten Stacheldrahtzäune überflüssig. Gegen Kriegsende diente Theresienstadt kurzzeitig der NS-Propaganda als „Vorzeigeghetto“, um das [[Rotes Kreuz|Rote Kreuz]] und damit die internationale Öffentlichkeit über die mit der „Endlösung der Judenfrage“ verbundenen Ziele zu täuschen.  
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Am 5. Mai 1945 flohen die SS-Wachmannschaften aus Terezin. Drei Tage später befreite die Rote Armee die überlebenden Gefangenen. Mehr als 140.000 Häftlinge hatten bis zum Mai 1945 zeitweilig im KZ gelebt. 38.000 von ihnen starben dort, fast 90.000 wurden zur Ermordung in Vernichtungslager, vor allem das KZ Auschwitz, weitertransportiert.
Am 5. Mai 1945 flohen die SS-Wachmannschaften aus Terezin. Drei Tage später befreite die Rote Armee die überlebenden Gefangenen. Mehr als 140.000 Häftlinge hatten bis zum Mai 1945 zeitweilig im KZ gelebt. 38.000 von ihnen starben dort, fast 90.000 wurden zur Ermordung in Vernichtungslager, vor allem das KZ Auschwitz, weitertransportiert.


===Gestapo-Gefängnis===
=== Gestapo-Gefängnis ===
Bereits im März 1940 richtete der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) in Prag, Dr. W. Stahlecker, einen Antrag an Reinhard Heydrich in Berlin, Gestapo-Chef und faktisch der Befehlshaber im besetzten Tschechoslowakei, für die Bewilligung eines neuen Gefängnisses in "Theresienstadt" nachgesucht wurde. Im Juni 1940 übernahm die Prager Gestapo-Leitstelle die sog. Kleine Festung (Mala Pevnost) Theresienstadt und errichtete dort ein Gefängnis. Die Kleine Festung eignete sich aufgrund der leicht zu bewerkstelligenden Bewachung, sie lag von der übrigen Festung isoliert auf dem anderen Flussufer, und der Nähe zu Prag gut für die Absichten der Gestapo, hier politische Häftlinge gefangenzuhalten. Das Gefängnis wurde von der Prager Gestapoleitstelle verwaltet und unterstand dem Kommando des Gefängnisses Pankrác in Prag. Kommandant des Gefängnisses wurde SS-Hauptsturmführer Heinrich Jöckel. In die Kleine Festung Theresienstadt wurden verhaftete Personen von den Gestapodienststellen in ganz Böhmen, ab 1944 auch aus Mähren und aus den abgetrennten Grenzgebieten eingeliefert.
Bereits im März 1940 richtete der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) in Prag, Dr. W. Stahlecker, einen Antrag an Reinhard Heydrich in Berlin, Gestapo-Chef und faktisch der Befehlshaber im besetzten Tschechoslowakei, für die Bewilligung eines neuen Gefängnisses in "Theresienstadt" nachgesucht wurde. Im Juni 1940 übernahm die Prager Gestapo-Leitstelle die sog. Kleine Festung (Mala Pevnost) Theresienstadt und errichtete dort ein Gefängnis. Die Kleine Festung eignete sich aufgrund der leicht zu bewerkstelligenden Bewachung, sie lag von der übrigen Festung isoliert auf dem anderen Flussufer, und der Nähe zu Prag gut für die Absichten der Gestapo, hier politische Häftlinge gefangen zu halten. Das Gefängnis wurde von der Prager Gestapoleitstelle verwaltet und unterstand dem Kommando des Gefängnisses Pankrác in Prag. Kommandant des Gefängnisses wurde SS-Hauptsturmführer Heinrich Jöckel. In die Kleine Festung Theresienstadt wurden verhaftete Personen von den Gestapodienststellen in ganz Böhmen, ab 1944 auch aus Mähren und aus den abgetrennten Grenzgebieten eingeliefert.


Waren anfangs nur Männer untergebracht, kam im Juni 1942 eine Frauenabteilung hinzu. Von März bis Juni 1944 wurden auch Häftlinge vom KZ Flossenbürg und von der Gerichtsabteilung des Prager Pankrác-Gefängnisses hier eingesperrt. Hinrichtungen ! Mehr als 2.500 Häftlinge kamen im Gefängnis ums Leben, starben aufgrund der schlechten Haftbedingungen, einer unzureichenden Ernährung, aufgrund von Krankheiten und fehlender medizinischer Hilfe, aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen. Sie starben an Flecktyphus, wurden zu Tode geprügelt oder hingerichtet. Die genaue Zahl der in der Kleinen Festung von der SS durchgeführten Hinrichtungen ist nicht bekannt, da viele dieser ''Hinrichtungen'' bei Nacht auf Bitten der Ghettokommandantur (wie bei den Kindern aus Bialystok), durchgeführt und nicht registriert wurden. Die letzte Hinrichtung fand am 2. Mai 1945 auf dem Hinrichtungsplatz zwischen den Wällen im Südosten der Festung statt.
Waren anfangs nur Männer untergebracht, kam im Juni 1942 eine Frauenabteilung hinzu. Von März bis Juni 1944 wurden auch Häftlinge vom KZ Flossenbürg und von der Gerichtsabteilung des Prager Pankrác-Gefängnisses hier eingesperrt. Hinrichtungen ! Mehr als 2.500 Häftlinge kamen im Gefängnis ums Leben, starben aufgrund der schlechten Haftbedingungen, einer unzureichenden Ernährung, aufgrund von Krankheiten und fehlender medizinischer Hilfe, aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen. Sie starben an Flecktyphus, wurden zu Tode geprügelt oder hingerichtet. Die genaue Zahl der in der Kleinen Festung von der SS durchgeführten Hinrichtungen ist nicht bekannt, da viele dieser ''Hinrichtungen'' bei Nacht auf Bitten der Ghettokommandantur (wie bei den Kindern aus Bialystok), durchgeführt und nicht registriert wurden. Die letzte Hinrichtung fand am 2. Mai 1945 auf dem Hinrichtungsplatz zwischen den Wällen im Südosten der Festung statt.
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Obwohl das ein Jahr später in der Großen Festung (Velky Pevnost) eingerichtete ''Ghetto Theresienstadt'' organisatorisch und verwaltungsmäßig nichts mit dem Gestapogefängnis zu tun hatte, wurden immer wieder jüdische Häftlinge von dort in die Kleine Festung (Mala Pevnost) überstellt. Der Grund war oftmals in den Augen der SS eine Übertretung der Regeln wie z.B. die Verletzung des Briefschreibeverbots. Die Überstellung in die Kleine Festung, wo es auf dem 1. Hof eine „Jüdische Zelle“ gab, war meistens gleichbedeutend mit einem Todesurteil.
Obwohl das ein Jahr später in der Großen Festung (Velky Pevnost) eingerichtete ''Ghetto Theresienstadt'' organisatorisch und verwaltungsmäßig nichts mit dem Gestapogefängnis zu tun hatte, wurden immer wieder jüdische Häftlinge von dort in die Kleine Festung (Mala Pevnost) überstellt. Der Grund war oftmals in den Augen der SS eine Übertretung der Regeln wie z.B. die Verletzung des Briefschreibeverbots. Die Überstellung in die Kleine Festung, wo es auf dem 1. Hof eine „Jüdische Zelle“ gab, war meistens gleichbedeutend mit einem Todesurteil.


==Die Bestattungen, Verbrennung der Toten ==
== Die Bestattungen, Verbrennung der Toten ==
Bis Herbst 1942 wurden die Toten in Massengräbern vor den Festungsmauern der Stadt verscharrt. Ende 1942 ließ die SS von der Teplicer Firma Ignis Hüttenbau A.G. ein Krematorium errichten, um die Verstorbenen dann dort zu verbrennen.
Bis Herbst 1942 wurden die Toten in Massengräbern vor den Festungsmauern der Stadt verscharrt. Ende 1942 ließ die SS von der Teplicer Firma Ignis Hüttenbau A.G. ein Krematorium errichten, um die Verstorbenen dann dort zu verbrennen.


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* {{WL2|Konzentrationslager Theresienstadt}} Artikel bei Wikipedia (mit wesentlichen Anregungen für diesen Beitrag, Stand vom 22. Mai 2010)
* {{WL2|Konzentrationslager Theresienstadt}} Artikel bei Wikipedia (mit wesentlichen Anregungen für diesen Beitrag, Stand vom 22. Mai 2010)


==Siehe bei MuenchenWiki zum Thema auch==
== Siehe auch ==
* [[Stadtgeschichte]] und [[München in der Zeit des Nationalsozialismus]]
* [[Stadtgeschichte]] und [[München in der Zeit des Nationalsozialismus]]
* [[Wittelsbacher Palais]] (ehemaliger Sitz der '''Gestapo'''-Zentrale, NS-Geheimpolizei, organisatorisch mit der Kriminalpolizei jener Geschichtsepoche verbunden)
* [[Wittelsbacher Palais]] (ehemaliger Sitz der '''Gestapo'''-Zentrale, NS-Geheimpolizei, organisatorisch mit der Kriminalpolizei jener Geschichtsepoche verbunden)
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* [[Schloss Hartheim]]
* [[Schloss Hartheim]]


==Literatur, Quellen ==
== Literatur ==
* Hana Drori, Jehuda Huppert: ''Theresienstadt - Ein Wegweiser von Hana Drori und Jehuda Huppert''
* Hana Drori, Jehuda Huppert: ''Theresienstadt - Ein Wegweiser von Hana Drori und Jehuda Huppert''
* Stadtarchiv München (als Herausgeber): ''[[Biographisches_Gedenkbuch|Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945. Band 1 und 2.]]'' St. Ottilien; 2003, 2007.
* Stadtarchiv München (als Herausgeber): ''[[Biographisches_Gedenkbuch|Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945. Band 1 und 2.]]'' St. Ottilien; 2003, 2007.
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